Barocke Opern und traditionelle Feste

Barocke Opern und traditionelle Feste

Sommerzeit ist Festivalzeit. Neun Ausflugstipps für Böhmen, Mähren und Schlesien

10. 7. 2014 - Text: Franziska Neudert, Eva Famulla

Kulturfest der Thayavölker in Mikulov
„Entweder sind hier alle zuhause oder niemand“, meinen die Veranstalter des Kulturfestes der Thayavölker in Mikulov (Nikolsburg). Das Thayatal an der Grenze zu Österreich hat im Verlauf der Geschichte einen Großteil seiner traditionellen Bevölkerung verloren, dennoch kommen in Mikulov jedes Jahr Menschen verschiedener Nationalitäten zusammen. Seit dem Jahr 2000 feiert die südmährische Stadt das Kulturfest der Thayavölker, in diesem Jahr geht es am vorletzten Juliwochenende über die Bühne. Den Auftakt am Freitag bilden öffentliche Diskussionen zum Thema Anderssein und Fremdenfeindlichkeit. Eine Fotografie-Ausstellung macht auf das Problem Obdachlosigkeit aufmerksam. Um nachvollziehen zu können, wie sich ein Leben ohne Obdach anfühlt, laden die Veranstalter die Gäste ein, im Schlossgarten unter freiem Himmel zu übernachten. Am Samstag erwartet die Besucher ein vielseitiges Programm an Tanz- und Musikvorstellungen, Weinverkostungen und kulinarischen Spezialitäten verschiedener Volksgruppen. Mit einem „ganztägigen Frühstück“ endet das Festival am Sonntag.

Festival národů Podyjí in Mikulov, Freitag bis Sonntag, 18. bis 20. Juli, www.narodypodyji.cz

Internationales Musikfestival in Český Krumlov
Ab Mitte Juli verwandeln sich Schloss und Schlossgarten von Český Krumlov für einen Monat zur Bühne für erstklassige Konzerte. Auf dem Programm des Internationalen Musikfestivals Český Krumlov steht ein breites Musikspektrum mit Kompositionen vom 15. bis 21. Jahrhundert. Neben internationalen Größen wie der chinesischen Pianistin Shiran Wang und der russischen Cellistin Natalia Gutman sind auch nationale Virtuosen wie das Kammerensemble Trio Martinů zu hören. Als Ehrengast wird der deutsche Tenor Jonas Kaufman erwartet. Mit einem Operngalakonzert eröffnet er das Festival am Abend des 18. Juli. Zu den weiteren Highlights gehören der Auftritt der türkischen Zwillingsschwestern Ferhan und Ferzan Öder mit den Slawischen Tänzen für Klavier von Antonín Dvořák sowie das Abschlusskonzert der Solisten des Moskauer Bolschoi-Theaters.

Mezinárodní hudební festival Český Krumlov, 18. Juli bis 16. August, Tickets: 290–5.990 CZK, www.festivalkrumlov.cz

Barockfest in Olomouc
In den Genuss barocker Opern vor historischen Kulissen kommen derzeit Besucher der Stadt Olomouc. Anlässlich des Barockfestes präsentiert die Stadt in den Räumen des ehemaligen Jesuitenkonvikts Opern aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Selbstgebaute Kulissen und authentische Kostüme sollen die Gäste auf eine Reise in die vergangene Epoche mitnehmen. Workshops für Kinder und Aufführungen im Stil der Commedia dell’arte ergänzen das Programm. In den Konzertkartenpreisen sind ermäßigte Eintritte in den Erzbischöflichen Palast, in das Erzdiözesanmuseum und in das Museum für Moderne Kunst inbegriffen.

Olomoucké barokní slavnosti, bis 27. Juli, Tickets: 150 CZK, www.olomouc.eu/baroknislavnosti

Internationale Biennale für Grafikdesign in Brünn
Vier Sommermonate lang steht Brünn ganz im Zeichen des zeitgenössischen Grafikdesigns. Die 26. Internationale Biennale für Grafikdesign zeigt in der Mährischen Galerie aktuelle Trends im Bereich visuelle Kommunikation. Bis 26. Oktober beleuchten Ausstellungen, Symposien und Workshops medienübergreifende Entwicklungen, gestalterische Konzepte und die Rolle der Bilder. 1963 gegründet zählt die Brünner Biennale zu einer der ältesten Veranstaltungen ihrer Art. Unter dem Motto „Bildung im Bereich Grafikdesign und visuelle Kommunikation“ stehen in diesem Jahr pädagogische Modelle sowie das Verhältnis zwischen Theorie und Praxis im Mittelpunkt. Im Rennen um den Grand Prix des Grafikdesigns präsentiert eine weitere Schau insgesamt 391 Arbeiten von Studenten aus 24 Ländern.

26. mezinárodní bienále grafického designu Brno 2014, bis 26. Oktober, Tickets: 130 CZK (ermäßigt 65 CZK), www.bienalebrno.org

Sommerfest der Aprikosen
Am dritten Samstag im Juli findet im südmährischen Miroslav (Mißlitz) traditionell das Sommerfest der Aprikosen (Meruňkobraní) statt. Ein Jahrmarkt voller frisch geernteter Früchte und Aprikosenspezialitäten erwartet Besucher mit Verkostungen und Aktionen. Wettkämpfe um den Titel des Knödelkönigs – der innerhalb von 20 Minuten so viele Aprikosenknödel essen muss wie möglich –, um die originellsten Aprikosengerichte und den aromatischsten Obstschnaps laden sowohl Gäste als auch Landwirte dazu ein, sich rege am Fest zu beteiligen. Neben Konzerten stehen auch Vorführungen von Handwerkskunst und ein Umzug in historischen Kostümen auf dem Programm.

Miroslavské meruňkobraní, Samstag und Sonntag, 18. und 19. Juli, www.mesto-miroslav.cz

Bierfest in Harrachov
Am Samstag, 19. Juli dreht sich in Harrachov (Harrachsdorf) im westlichen Riesengebirge alles um das beliebteste Getränk in Tschechien. Zum traditionellen Bierfest laden die Glashütte und Brauerei der Kleinstadt sowie Brauereien aus dem Kreis Liberec ein, den hiesigen Gerstensaft zu probieren. Interessierte haben die Möglichkeit, Museum und Produktionsstätte der ältesten noch funktionierenden Glasbläserei Böhmens zu besichtigen und selbst Glas zu blasen. Trinkfeste Gäste können im Wettbewerb beweisen, wie schnell sie die Bierkrüge leeren und betrunken Radfahren können. Konzerte, eine Tombola und ein Feuerwerk ergänzen das Programm.

Harrachovské pivní slavnosti, Samstag, 19. Juli, Eintritt: 150 CZK, www.sklarnaharrachov.cz

Bauernfest in Holašovice
Eines der schönsten tschechischen Dörfer lädt Besucher am vorletzten Juli-Wochenende zu einer Reise in die Vergangenheit ein. Beim Bauernfest im südböhmischen Holašovice (Hollschowitz) präsentieren sich etwa 230 traditionelle und seltene Handwerke aus Böhmen, Mähren und der Slowakei. Ein altböhmischer Volksmarkt vor der Kulisse des UNESCO-Weltkulturerbe-Ortes gewährt Einblick in ursprüngliche Herstellungstechniken, Trachten und Bräuche aus den verschiedenen Regionen. Für Kinder bieten künstlerische Werkstätten Beschäftigung, in denen sie beispielsweise eigene Keramik-, Schmuck- und Schmiedearbeiten gestalten können. Mit seiner einmaligen Architektur im sogenannten Bauernbarock ist Holašovice auch jenseits dieses Folklorefests unbedingt einen Besuch wert. Der Ort gilt als besonders gut erhaltenes Beispiel eines traditionellen mitteleuropäischen Dorfes. Bis heute hat sich die ursprüngliche Ortsstruktur aus dem 13. Jahrhundert erhalten. So entspricht die Anlage des Dorfplatzes mit seinen angrenzenden Gehöften und dem Fischteich dem Grundriss aus der Zeit der Gründung.

Selské slavnosti Holašovice, Freitag bis Sonntag, 25. bis 27. Juli, Eintritt: 100 CZK (ermäßigt
50 CZK), www.holasovice.eu

Festival der jüdischen Kultur in Třebíč
In Třebíč (Trebitsch) befindet sich das wohl am besten erhaltene jüdische Viertel Europas, ein urbanistisch äußerst wertvoller Komplex, der gemeinsam mit der romanisch-gotischen St. Prokop-Basilika 2003 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Einmal im Jahr erblüht das Viertel zu altem Leben: Das jüdische Festival „Šamajim“ bringt Klezmer, chassidische Lieder, Tanz- und Theatervorführungen in die Straßen. Lesungen und Ausstellungen beleuchten jüdische Kultur und Geschichte. Dreh- und Angelpunkt des Festivals ist die Hintere Synagoge in Třebíč, in der sich auch die kleinen Gäste an einem eigens für Kinder erarbeiteten Programm erfreuen können. 

Šamajim. Festival źidovské kultury, Montag bis Samstag, 28. Juli bis 2. August, www.samajim.cz

Schätze des Schlesischen Landesmuseums
Drei außergewöhnliche Schätze präsentiert derzeit eine Gemeinschaftsausstellung der drei größten Museen Tschechiens. Mit der Venus von Věstonice, dem Steinkopf aus Mšecké Žehrovice und den Meteoriten von Kylešovice zeigen das Mährische Landesmuseum, das Prager Nationalmuseum und das Schlesische Landesmuseum in Opava jeweils einen Monat lang Exponate von archäologisch weltweit besonderer Bedeutung. Das Alter der Venusfigurine wird auf 25.000 bis 29.000 Jahre geschätzt. Die elf Zentimeter hohe Figur wurde 1925 während archäologischer Ausgrabungen in Dolní Věstonice (Unter-Wisternitz) in Südmähren gefunden, sie zählt zu den ältesten keramischen Erzeugnissen. Der Steinkopf von Mšecké Žehrovice stammt aus dem dritten Jahrhundert vor Christus. Die keltische Monumentalskulptur wurde 1943 in der Nähe von Prag gefunden. Aus insgesamt neun Stücken bestehen die sogenannten Meteoriten von Kylešovice, die in der Altsteinzeit in Opava niederfielen. Die Ausstellung ist zunächst in Opava zu sehen, danach reist sie weiter nach Prag und endet im September schließlich in Brünn.

Unikáty zemských muzeí, Schlesisches Landesmuseum Opava bis 27. Juli, Nationalmuseum Prag 5. bis 28. August, Mährisches Landesmuseum Brünn 5. bis 30. September