Zwischen Stabilität und Kollaps

Regierung und Opposition streiten über den Zustand des Gesundheitssystems
15. 5. 2013 - Text: Ivan DramlitschText: id/čtk; Foto: elisabethinen.at
Das tschechische Gesundheitswesen gilt seit Jahren als reformbedürftig und chronisch unterfinanziert. Permanent wird mit dem möglichen Kollaps des Systems gerechnet. Gesundheitsminister Leoš Heger (TOP 09) hat nun jedoch beruhigende Signale ausgesendet. Zwar wünsche er sich eine Anhebung des staatlichen Beitrags für gesetzlich Versicherte – also unter anderem Kinder, Rentner und Arbeitslose –, um das System endgültig zu stabilisieren. Doch auch ohne solche Mehreinnahmen sei das Gesundheitssystem funktionsfähig, erklärte der Minister am Montag dieser Woche. Diese verhalten optimistische Botschaft blieb nicht unwidersprochen. Sowohl der Präsident der Tschechischen Ärztekammer Milan Kubek als auch der ČSSD-Schattengesundheitsminister Svatopluk Němeček forderten die Regierung auf, die staatlichen Beiträge zu erhöhen. Geschehe dies nicht, müsse mit spürbaren Verschlechterungen für Patienten gerechnet werden.
Den Hintergrund der aktuellen Debatte bildet der Vorschlag von Gesundheitsminister Heger, die monatlichen Zahlungen der mehr als sechs Millionen staatlich Versicherten zu erhöhen. Entweder sollen die Beträge um 50 Kronen auf 773 Kronen ansteigen, was dem Ressort Mehreinnahmen von 3,7 Milliarden Kronen einbrächte, oder um 77 auf 800 Kronen, einem Plus von 5,7 Milliarden entsprechend. Allerdings signalisierte Finanzminister Miroslav Kalousek (TOP 09) bereits im Vorfeld, keine weiteren Gelder bereitstellen zu wollen.
Schwarzes Loch?
Schattenminister Kubek wirft deshalb der Regierung vor, der größte Schuldner des Gesundheitssystem zu sein: Während Angestellte und Selbstständige im Schnitt monatlich 3.088 beziehungsweise 1.260 Kronen bezahlen würden, führe der Staat für seine Versicherten lediglich 723 Kronen ins System ab. „Dadurch ist der Krankenversicherung seit 2009 ein Verlust von 36 Milliarden Kronen entstanden. 24 Milliarden davon bezahlten die Krankenversicherungen und 12 Milliarden die Gesundheitseinrichtungen“, so Kubek, der Minister und Regierung zum Handeln aufrief, um weitere Schäden am Gesundheitswesen zu verhindern.
Gesundheitsminister Heger besteht jedoch auf seiner Ansicht, dass sich das tschechische Gesundheitssystem in einem „relativ anständigen“ Zustand befinde. In einem OECD-Vergleich habe man von 35 Ländern den 15. Platz belegt, gerade beim Zugang zum System und bei den medizinischen Ergebnissen stehe man gut da. Vor allem sei das System kein „schwarzes Loch“ mehr. Es sei gelungen, das Defizit von 10 Milliarden im Jahr 2008 auf aktuell 0,6 Milliarden Kronen zu senken. Heger erinnerte auch daran, dass das durchschnittliche Arztgehalt auf 68.483 Kronen (rund 2.600 Euro) gestiegen sei, das entspräche beinahe dem Dreifachen des tschechischen Durchschnittslohns. Damit sei das Versprechen eingelöst, zu dem er sich gegenüber den Gewerkschaften verpflichtet habe.
Die Opposition sieht den Zustand des Gesundheitssystems naturgemäß erheblich kritischer. „Dass der derzeitige Standard gehalten wird, haben wir ausschließlich dem aufopfernden Engagement des Gesundheitspersonals zu verdanken. Die Krankenhäuser werden aufgrund des Ausgabenlimits am Ende des Jahres vor einem finanziellen Kollaps stehen und einige werden nicht in der Lage sein, die Patienten mit entsprechenden Leistungen zu versorgen“, so der sozialdemokratische Schattenminister Svatopluk Němeček.
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