Von Wut und Desillusion

Von Wut und Desillusion

Pilsen verliert erwartungsgemäß gegen Manchester – Liberec überrascht weiterhin

25. 9. 2013 - Text: Stefan WelzelText: sw; Foto: FC Viktoria Pilsen

Im Europapokal gehen die Fußballer von Slovan Liberec nach einem seltsamen, aber bewährten Muster vor: Sie brauchen die Herausforderung eines Rückstandes, ehe sie ihre bestmögliche Leistung abrufen können. So scheint es zumindest. Wie schon in der Qualifikation gegen den FC Zürich geriet Slovan im deutsch-tschechischen Duell des ersten Europa-League-Spieltages beim SC Freiburg ins Hintertreffen, ehe die Nordböhmen doch noch aufdrehten und eine Niederlage verhinderten. Champions-League-Teilnehmer FC Viktoria Pilsen gelang dieses Kunststück nicht. Dem tschechischen Meister wurden die Leistungsgrenzen zuhause beim 0:3 gegen das englischen Starensemble von Manchester City deutlich aufgezeigt.

Es war ein irritierendes Bild, das Liberec-Kapitän Radoslav Kováč vergangenen Donnerstagabend kurz nach Spielbeginn abgab. Soeben war sein Abwehrkollege Ondřej Kušnír einem Gegenspieler ungeschickt in die Hacken getreten, sodass der Schiedsrichter gar nicht anders konnte, als auf Foulspiel zu entscheiden. Zum Pech der Tschechen sah der Unparteiische die Aktion bereits auf der Linie, die den Strafraum markiert. Ob dem wirklich so war, hätte man durchaus diskutieren können. Doch Kováč ließ seine Wut nicht am Schiedsrichter aus, sondern am Mitspieler. Selten sah man einen Kapitän einen eigenen Teamgefährten so heftig kritisieren und anschreien. Den anschließenden Elfmeter für Freiburg verwandelte Julian Schuster souverän zur 1:0-Führung. Das Stadion an der Dreisam bebte.

Kurz darauf fiel das 2:0 für den Bundesligisten. Die Sache schien den zu erwartenden Gang zu nehmen, ehe zwei dilettantische Abwehrfehler die Südbadener um die Früchte ihrer Arbeit brachten. Liberec nahm die Einladung dankend an und nutzte die ihnen gewährten Gelegenheiten routiniert aus. Nationalstürmer Michael Rabušic und die bis anhin unbekannte Leihgabe aus Kiew, der erst 20-jährige Vladislav Kalitvintsev, glichen für den Meister des Vorjahres aus. „Ich muss meine Spieler loben, sie haben Charakter gezeigt und nach einem schlechten Start nie aufgesteckt“, freute sich Slovan-Trainer Jaroslav Šilhavý über die gezeigte Moral und den gewonnenen Punkt.

„Das Ergebnis spricht für sich“
Anders sieht die Lage in Pilsen aus. Der FC Viktoria startete mit guten Erinnerungen an seine erste Champions-League-Teilnahme 2011/12 und frohen Mutes in die neue Saison. Und das obwohl ihre Gruppengegner Bayern München, ZSKA Moskau und Manchester City heißen. Der Optimismus schwand am Dienstag vergangener Woche aber ziemlich schnell dahin. Nach einer guten ersten Halbzeit musste man mitansehen, wie herausragende Einzelaktionen von Edin Džeko (ehemals VfL Wolfsburg), Yaya Touré und Sergio Agüero die Träume von einem Punktgewinn zwischen der 48. und der 58. Minute zunichte machten. Der Klassenunterschied war deutlich zu erkennen. „Die Qualität des Gegners liegt ganz woanders. Das Ergebnis spricht für sich“, gab sich Pilsens Trainer Pavel Vrba gefasst und doch etwas desillusioniert.

Es sieht so aus, als müssten sich die Pilsener auf einen harten Champions-League-Herbst einstellen, während die Fußballer aus Liberec zuversichtlicher sein können. Trotz eines Kapitäns, der gegenüber seinen Mitspielern keine Sentimentalitäten kennt – oder vielleicht gerade deswegen.