„Wir sind auf einem guten Weg“
Tschechiens Nationalspielerin Klára Cahynová feierte große Erfolge mit Slavia Prag und spielt nun für Turbine Potsdam. Ihr Favorit auf den WM-Titel sind die USA
9. 6. 2019 - Interview: Klaus Hanisch, Titelbild: PZ
PZ: Wie viele Spiele werden Sie sich bei der Fußball-WM anschauen?
Klára Cahynová: So viele wie möglich. Vor allem auch die Schwedinnen, weil ich dort Freunde habe. Es hängt natürlich davon ab, wann wir bei Turbine Potsdam trainieren werden. Unsere Vorbereitung auf die neuen Saison beginnt bereits am 14. Juni. Wenn ich Spiele nicht im Fernsehen verfolgen kann, informiere ich mich möglichst im Internet. Ich hoffe, dass dort viele Partien gestreamt werden.
Wer wird Ihrer Einschätzung nach das Turnier gewinnen?
Schwer zu sagen. Ich denke, die USA und auch Holland haben gute Chancen. Deutschland schickt ebenfalls eine sehr gute Mannschaft ins Turnier. Doch die USA sind für mich der große Favorit.
Deutschland zählt nach Aussage seiner Trainerin Martina Voss-Tecklenburg zur Weltspitze. Sie kennen viele Spielerinnen aus der Bundesliga. Welche Chancen geben Sie konkret der deutschen Auswahl?
Deutschland hat ein wirklich gutes und starkes Team. Besonders auch dadurch, dass Dzsenifer Marozsán dabei ist (spielt seit 2016 bei Olympique Lyon in Frankreich, Anm. d. Red.). Sie bringt viel Qualität in die Mannschaft. Auch mit der neuen Trainerin haben sie nach meiner Meinung eine gute Wahl getroffen. Sie wird die Mannschaft sicher stärker machen. Ich denke, Deutschland kann bei dieser WM ziemlich weit kommen.
Tschechien rangiert in der aktuellen FIFA-Rangliste derzeit nur auf Platz 29. Wann sehen wir mal eine tschechische Mannschaft bei solch einem großen Turnier?
(lacht) Ich hoffe, dass das eines Tages passiert. Ich bin zwar nicht sicher, ob es dazu kommt. Aber unsere Auswahl verbessert sich ständig. Slavia und Sparta haben in der Champions League gespielt, die Spielerinnen besitzen nun mehr Erfahrung. Ich denke, wir haben jetzt ein ganz gutes Nationalteam. Vielleicht spielen wir schon in wenigen Jahren eine größere Rolle.
Worin bestehen die wesentlichen Probleme für den tschechischen Frauenfußball – fehlende Auswahl an guten Spielerinnen, Mangel an Nachwuchs oder einfach zu wenig Erfahrung, wie Sie andeuten?
Unser größtes Problem ist, dass zu viele Spielerinnen in der tschechischen Liga spielen und nicht im Ausland. Wenn man zum Beispiel in Deutschland spielt, ist jede Partie ein hartes Stück Arbeit, anders als in unserer nationalen Meisterschaft. Bei uns haben die Spielerinnen nicht genügend schwere Spiele zu bestreiten und besitzen dadurch zu wenig Wettkampf-Erfahrung.
Wie populär ist Frauen-Fußball in der Tschechischen Republik?
Das wird gerade viel besser, die Anerkennung für unseren Sport wächst – wie überall in der Welt. Es gibt nun mehr Geld und Kommerz, Spiele werden im Fernsehen gezeigt. Das ist eine gute Werbung und macht Frauen-Fußball natürlich populärer. Für die Zukunft ist entscheidend, ob wir gut spielen und erfolgreich sind, dann wird es sicher weiterhin eine positive Entwicklung geben. Als Slavia im Viertelfinale der Champions League stand, wollten schon 8.000 Zuschauer das Spiel sehen, eine wirklich tolle Kulisse.
Ich kenne Männer, die sich als echte Fußballfans bezeichnen, aber noch immer über Frauen-Fußball schmunzeln und lästern. Welche Erfahrungen machen Sie?
Ja, es gibt noch immer Männer, die sagen, dass Frauen nicht Fußball spielen sollten, weil das ein Männersport sei. Aber ich denke, generell hat sich die Meinung darüber geändert. Allerdings hinken die Tschechen hinterher. Sie müssten uns und unseren Sport noch mehr unterstützen und akzeptieren. Weltweit ist Fußball auf dem bestem Weg, der populärste Sport für Frauen zu werden. Aber wahrscheinlich erst wenn noch mehr Geld in die Branche kommt und Spiele noch öfter im Fernsehen übertragen werden, werden auch die Tschechen ihre Meinung darüber ändern. Wobei sie jedoch nicht nur uns Fußballerinnen wenig schätzen, sondern jeden Frauensport in der Tschechischen Republik. Das ist leider so.
Alle Titel gingen in der tschechischen Meisterschaft bisher nur an Slavia und Sparta. Ist die Konkurrenz zwischen beiden Klubs so groß wie bei den Männern?
Sportlich sind Slavia und Sparta tatsächlich auch bei den Frauen die großen Rivalen. In den Spielen zwischen diesen beiden entscheidet sich die Meisterschaft. Die anderen Mannschaften sind nicht wirklich wichtig. Und es gibt in Spielen mit denen manchmal auch sehr hohe Ergebnisse, ein 7:0 oder 8:0. Bei den Männern geht es enger zu, da ist auch deutlich mehr Geld im Spiel. Wobei neben Slavia und Sparta allerdings noch Pilsen eine wesentliche Rolle im Kampf um die Meisterschaft einnimmt.
Zwischen beiden Klubs ist auch Hass im Spiel.
Ja, auch Hass. Aber ich denke, es geht in dieser Hinsicht nicht so sehr um Fußball, sondern um das Drumherum. Vor allem hassen sich die Fans gegenseitig, es sind so viele Attacken und so viel Unsinn im Spiel. Zwischen uns Frauen ist es anders, wir kennen uns sehr gut, weil wir gemeinsam im Nationalteam spielen. Wir sind praktisch so etwas wie Freundinnen. Aber, wie gesagt, meiner Meinung nach geht es bei der Feindschaft zwischen den beiden Klubs am wenigsten um Fußball.
Sie haben mit Slavia zwischen 2014 und 2017 vier nationale Titel in Serie geholt, dazu 2014 und 2016 auch noch die Pokalsiege. Waren Geld und mehr Verdienst der Hauptgrund dafür, dass Sie im Januar 2018 nach Deutschland wechselten?
Geld spielte dabei keine Rolle. Ich wollte mich schlichtweg als Spielerin weiter entwickeln und mehr Erfahrung sammeln, auch für meine Position im Spiel. Ich wollte einfach eine bessere Spielerin werden. Deshalb bin ich in die Bundesliga gewechselt. Am Geld lag es überhaupt nicht.
Aber Sie sind Profi?
Ja, ich bin Profi. Ich absolviere in dieser Woche ein Trainingslager mit dem Nationalteam, anschließend beginnt in Potsdam die Vorbereitung auf die neue Saison. Wir trainieren dann zweimal am Tag, sonst sieben Mal vor einem Spiel.
Von 2014 bis 2016 waren Sie an der Universität in Ohio. Ging es dort in erster Linie um das Studium oder um Fußball?
Ich habe dort sowohl studiert als auch für deren Team gespielt. Wir hatten an der Universität eine Mannschaft mit Frauen aus der ganzen Welt, das machte den Fußball an der Uni sehr speziell. Zudem konnte ich dort Englisch lernen und mein Studium in Sportmanagement und Marketing beenden. Ich hatte eine gute Zeit, es war eine tolle Erfahrung und ein wichtiger Schritt in meinem Leben.
Worin liegt der wesentliche Unterschied zwischen dem Frauen-Fußball in Europa und den USA?
Der Fußball ist nicht so technisch wie der europäische, die Spielerinnen arbeiten sehr hart und rennen sehr viel. Deshalb finde ich deren Fußball richtig gut. Zudem lieben die US-Amerikaner den Fußball. Ihr Frauen-Nationalteam ist sehr erfolgreich, viel besser als die Männer-Auswahl. Nach meinem Eindruck will mittlerweile so ziemlich jedes Mädchen dort Fußball spielen, das ist super! Die Amerikaner machen auch keinerlei Unterschied zwischen Männer- und Frauenteams, sie lassen sie zuweilen sogar zusammenspielen.
Wie war es möglich, dass Sie in der Saison 2015/16 gleichzeitig in den USA waren und für Slavia in der Champions League spielten, wie in Almanachen vermerkt wird?
Die Saison in Ohio ging nur bis Dezember. Deshalb kam ich für die Partien im Frühjahr zurück nach Prag, spielte mit Slavia das Viertelfinale in der Champions League – und gewann dazu noch die tschechische Meisterschaft.
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