Teure Gewinne

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Unterhaus beschließt höhere Steuersätze für Glücksspiel – Branche fürchtet um Tausende Arbeitsplätze

17. 11. 2015 - Text: Corinna AntonText: Corinna Anton; Foto: Petr Dosek

Wer ein neues Gesetz verhindern will, greift meist früher oder später zu einem Argument, das fast immer zieht: der drohende Verlust von Arbeitsplätzen. Auch die tschechische Glücksspiel­industrie hat in den vergangenen Wochen diese Strategie angewendet: Würden die Steuern erhöht, dann seien Tausende Stellen in Gefahr, hatte die Initiative „Lotterie ohne Grenzen“ behauptet. Sie vertritt eigenen Angaben zufolge die Interessen von 60.000 Angestellten legaler Spielbanken, Kasinos und damit verbundener Unternehmen.

Die Abgeordneten im Unterhaus haben sich von den Zahlen der Glücksspiellobby nicht überzeugen lassen. Am Freitag stimmten sie mit großer Mehrheit für zwei Steuersätze, die je nach Art des Spiels bei 23 und 28 Prozent liegen sollen. Derzeit beträgt die Glücksspielsteuer 20 Prozent. Ab dem kommenden Jahr wird der Satz für Lotterien, Kurswetten und ähnliches um drei Prozent angehoben. Der Anstieg um acht Prozent gilt für Gewinne, die mit Spielautomaten und anderen Geräten erwirtschaftet werden. Für jeden Spielautomaten müssen die Betreiber zudem von Januar an 80 statt bisher 55 Kronen pro Tag abführen.

Für die Änderung sprachen sich 138 von 140 anwesenden Parlamentariern aus. Zuletzt hatte das Thema noch für heftige Diskussionen gesorgt. Der TOP-09-­Vorsitzende Miroslav Kalousek hatte im Oktober eine mehrstündige Rede gehalten – offenbar mit dem Ziel, eine Abstimmung zu verhindern. Ein Eklat blieb diesmal aus. Beschlossen ist die Änderung aber noch nicht. Erst muss noch der Senat zustimmen, dann Präsident Miloš Zeman unterschreiben.

Außerdem könnte die Regelung von kurzer Dauer sein. Denn in den Schubladen der Regierung liegt auch noch ein neuer Entwurf für die Besteuerung ab 2017. Demzufolge soll es dann drei Sätze (25, 30 und 35 Prozent) geben. Darüber wollen die Abgeordneten aber erst Ende November diskutieren. Dann könnten auch Spielautomaten in Gaststätten verboten werden. Branchenvertreter fürchten, dass das illegale Glücksspiel damit befördert werden könnte. Kritiker dagegen meinen, die geplanten Änderungen gingen nicht weit genug. Sie würde nur dazu führen, dass Abhängigen noch mehr Geld aus der Tasche gezogen würde.

Das Finanzministerium hat unterdessen bereits nachgerechnet, wie viele Stellen bedroht wären, wenn das neue Gesetz für 2017 verabschiedet würde. Es kommt zum Ergebnis, dass etwa 3.000 bis 3.500 Arbeitsplätze wegfallen könnten, so Staatssekretär Ondřej Závodský. Seinen Worten zufolge müssten etwa 85 Prozent von 6.000 Betrieben mit Spiel­automaten schließen, würde die Änderung durchgesetzt. Kasinos sollen nicht betroffen sein. Insgesamt sind dem Arbeitsministerium zufolge 15.000 bis 16.000 Menschen in der Glücksspielbranche beschäftigt – weit weniger also, als „Lotterie ohne Grenzen“ zu repräsentieren meint.