Steuern sparen am Strand

Steuern sparen am Strand

Immer mehr tschechische Unternehmen verlagern ihren Sitz in Steueroasen

11. 3. 2015 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Gerwin Sturm

Es klingt nach Sonne, Strand und dubiosen Geschäften: Steueroasen in sogenannten Offshore-Gebieten und in EU-Staaten mit günstigen Abgabesätzen locken immer mehr tschechische Unternehmen an. Ende des vergangenen Jahres stieg die Zahl der Firmen, deren Eigentümer ihren Sitz in einem Steuerparadies haben, um 138 auf insgesamt 13.247. Das waren 3,2 Prozent aller tschechischen Firmen. Die Zahlen veröffentlichte vor wenigen Tagen die Beratungsgesellschaft Bisnode. Ihren Analysen zufolge investierten die Besitzer der Unternehmen 2014 zusammen rund 430 Milliarden Kronen (knapp 16 Milliarden Euro) Eigenkapital in ihre Firmen – im Vergleich zum Vorjahr stieg die Summe um 7,4 Prozent.

Michal Řičař, Analytiker bei Bisnode, folgert aus der Statistik, dass es sich um einen „wesentlichen Abfluss von Kapital aus Tschechien“ handle, der „sehr wahrscheinlich durch Steueroptimierung verursacht“ werde. Neue Eigentümerstrukturen, die auf Geschäftssitzen in Ländern mit geringsten Abgabesätzen basieren, beschreibt Řičař als besonders aggressiv, sie versuchten mit allen verfügbaren Mitteln ihre Gewinne maximal zu steigern.

Mittelfristig verlangsamt sich laut Bisnode die Abwanderung tschechischer Unternehmen in Länder mit niedrigen Steuersätzen. So ging etwa die Zahl der in den Niederlanden registrierten Betriebe um 160 auf nun 4.208 zurück, in Luxemburg sank sie um 24 auf 1.120 und in Liechtenstein um elf auf 226. Insgesamt steigt das Interesse aber weiterhin, und zwar besonders an Zypern (um 79 auf 2.097 Unternehmen) und den Seychellen (um 110 auf 827 Firmen) sowie an Malta, Monaco und den Marshallinseln.

Michael Dobrovolný beschäftigt sich beim Unternehmen Apogeo mit der Verlagerung von Firmen in Offshore-Gebiete. Das Interesse seitens der Kunden sei kontinuierlich „mit leicht steigender Tendenz“, sagt er. „Aber die Klienten fragen nun häufiger nach Standorten, die ihren besonderen Bedürfnissen entsprechen, das muss nicht unbedingt ein Steuerparadies sein.“ Das Unternehmen e-office Czech Republic, das ebenfalls in der Branche tätig ist, zeigt dagegen, dass es nicht einmal immer das Ausland sein muss, wenn Firmen einen Ort zum Steuernsparen suchen. Auf seiner Internetseite veröffentlicht es eine „Analyse der Tätigkeit der tschechischen Finanzämter“. Daraus geht hervor: In einigen Städten kommen auf einen Beamten so viele registrierte Unternehmen, dass die Firmeninhaber im Durchschnitt je nach Standort mal alle 40, mal alle 60 oder 80 Jahre mit einer Kontrolle rechnen müssen. In Prag liegen die Werte diesen Daten zufolge sogar zwischen 100 und fast 300 Jahren.

Angesichts solcher Zahlen werden immer wieder Forderungen nach mehr Kontrollen laut, denen die Regierung im vergangenen Jahr mit der Gründung einer Behörde namens Kobra nachkam. Diese soll vor allem gegen Mehrwertsteuerbetrug vorgehen. Zudem billigte das Abgeordnetenhaus im Februar ein Abkommen mit den Bahamas über den Austausch von Steuerdaten. Dort lebt zum Beispiel der Finanzier Viktor Kožený, der in Tschechien wegen Milliardenbetrugs an Aktionären zu zehn Jahren Haftstrafe verurteilt wurde. Gemessen an der Zahl von 42 tschechischen Unternehmen, die auf den Bahamas ihren Sitz haben, dürfte dieses Abkommen allerdings eher eine untergeordnete Rolle spielen.