Spätes Erinnern

Spätes Erinnern

Ehemalige Fabrik von Oskar Schindler soll Gedenkstätte werden

24. 8. 2016 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: Miaow Miaow

Hollywood machte die Emailwarenfabrik von Oskar Schindler in Brněnec (Brünnlitz) weltberühmt. Trotzdem verfiel das Gelände seit vielen Jahren zunehmend. Ungeklärte Eigentumsverhältnisse und chemische Abfälle verhinderten die Sanierung des Gebäudes etwa 50 Kilometer nördlich von Brünn. Nun will der „Stiftungsfonds Schoah und Oskar Schindler“ die ehemalige Fabrik und das daran angeschlossene Konzentrationslager in eine Holocaust-Gedenkstätte umwandeln. Das gab der Vorsitzende des Stiftungsfonds Jaroslav Novák vor kurzem bekannt. Der derzeitige Besitzer habe einen Teil des Geländes versprochen, auch die Gemeinde habe ihre Unterstützung zugesagt.

Novák hält das Gelände kultur­historisch für bedeutend. „Wir wollen eine originalgetreue Nachbildung auf den ursprünglichen Fundamenten bauen, einschließlich KZ-Wachtürmen und Fabrikraum, Lazarett sowie Lager mit Gefängnis“, so Novák.

 Außerdem will der Stiftungsfonds eine Dauerausstellung organisieren, die sich der Geschichte Oskar Schindlers und dem Schicksal ausgewählter Häftlinge widmet. Ein Lehrpfad in der Umgebung führt Besucher durch das Leben des Unternehmers. Geplant sind außerdem Bücher und Filme zum Thema Holocaust. Laut Novák soll die Gedenkstätte auch ein Raum für Konferenzen und Ausstellungen sein. Er rechnet damit, dass das vormalige Lager und das Museum auch für deutsche Schulen ein interessantes Ausflugsziel sein werden.

„Man muss an die Dinge erinnern, damit sie nie wieder passieren“, sagt der Bürgermeister von Brněnec Blahoslav Kašpar. Bereits seit 2004 bemühte sich die Gemeinde um den Aufbau einer Gedenkstätte, konnte dafür aber nicht genügend Geld aufbringen. Im Jahr 2011 wurden auf dem als „Schindlerfabrik“ bekannt gewordenen Industrie­areal giftige Chemikalien entdeckt. Die Rückstände – darunter vor allem Säuren und Erdölverbindungen – stammten aus der Zeit der Textilproduktion der Gesellschaft Vítka Textiles, die 2009 Konkurs angemeldet hatte. Die staatliche Umweltinspektion setzte sich vergeblich dafür ein, dass Vitka Textiles die Rückstände beseitigt.

Zweimal hatte die Behörde zudem Geldstrafen in Höhe von insgesamt 1,5 Millionen Kronen (etwa 54.000 Euro) über das für den Abriss der Fabrik zuständige Unternehmen Euro Demolice verhängt. Dieses wurde 2013 jedoch aufgelöst, sodass das Gelände weiterhin verkam.

Lebensrettende Liste
Im Dezember 2015 ließ der Kreis Pardubice mit staatlicher Unterstützung die rund 30 Tonnen Giftmüll entfernen und das Gebäude notdürftig sanieren. Im Januar dieses Jahres ersteigerte die Gesellschaft Česká pozemková das Gelände für 3,4 Millionen Kronen (rund 126.000 Euro). Während des Zweiten Weltkriegs rettete Oskar Schindler mit seiner Frau etwa 1.200 jüdischen Zwangsarbeitern das Leben, indem er seine Fabrik samt Lager aus Krakau nach Brněnec verlegte. In der Email- und Munitions­fabrik hatten jüdische Häftlinge in den Jahren 1939 bis 1944 für die Wehrmacht Küchengeschirr aus Blech gefertigt. Mit dem Vormarsch der Roten Armee begann die SS, das Konzentrationslager Plaszow – dem Schindlers polnisches Werk 1944 untergeordnet worden war – zu räumen und mehr als 20.000 Häftlinge in Vernichtungslager zu deportieren. Schindler musste entscheiden: Will er mit seinem Gewinn aus dem Rüstungsgeschäft das Land verlassen und seine jüdischen Arbeiter dem Tod überlassen? Oder rettet er sie?

Aufgrund seines hohen Ansehens bei der SS, durch Verhandlung und Bestechung erhielt der deutschmährische Unternehmer die Erlaubnis für den Aufbau eines neuen Rüstungswerkes, dessen Produktion er als „kriegswichtig“ ausweisen konnte. Mit engen Vertrauten erstellte Schindler die lebensrettende Liste mit Namen derer, die in seiner Fabrik arbeiten durften. Der Film „Schindlers Liste“ machte die Geschichte unvergessen.