Neue Gebührenwelle für Solarbetreiber

Neue Gebührenwelle für Solarbetreiber

Regierung legt hohe Tarife für Entsorgung der Module fest – Branche wächst mit gedämpftem Tempo

3. 7. 2013 - Text: Friedrich GoedekingText: Gerit Schulze, Germany Trade & Invest; Foto: Rainer Sturm/pixelio.de

Auf Tschechiens Solarwirtschaft rollt eine neue Kostenwelle zu. Die geplante hohe Recyclinggebühr für Photovoltaikanlagen könnte der Branche einen empfindlichen Dämpfer verpassen. Gleichzeitig hoffen im Bereich Abfallwirtschaft spezialisierte Firmen auf ein großes Geschäft mit der Entsorgung von Altmodulen. Die installierte Gesamtleistung der Solarkraftwerke ist 2012 um rund 6 Prozent gestiegen. Inzwischen wächst Windenergie in Tschechien deutlich schneller.

Tschechien muss wie alle EU-Länder bis 2014 eine Novelle zur Brüsseler Richtlinie zum Recycling von Elektroschrott (2002/96/EG) umgesetzt haben, die auch Solarmodule betrifft. Darin wird verlangt, dass ab Sommer 2018 mindestens 85 Prozent aller Photovoltaikmodule (PV) nach dem Ende ihrer Lebensdauer wieder eingesammelt werden. Die Verwertungsquote soll 80 Prozent erreichen.

In Tschechien müssen Hersteller von PV-Modulen seit März 2013 ihre Gesellschaften registrieren und bei entsprechend akkreditierten Entsorgungsfirmen („kollektives Rücknahmesystem“) eine Finanzgarantie hinterlegen. Damit wird sichergestellt, so der Plan, dass alle seit diesem Jahr neu installierten Solaranlagen nach Ablauf der Einsatzzeit fachgerecht entsorgt werden.

Für die Altanlagen, die vor dem 1.1.13 ans Netz angeschlossen wurden, sind jedoch nicht die Produzenten, sondern die aktuellen Betreiber zuständig. Die Regierung in Prag verlangt, dass diese bis 30.6.13 ebenfalls einen Vertrag über das Einsammeln und Entsorgen der Solarmodule mit einem akkreditierten Recyclingunternehmen abschließen. Ab Januar 2014 sollen sie dann in fünf Jahresraten bis 2019 eine Rücklage für das spätere Recycling bilden.

Kritik gibt es von Seiten der Solarwirtschaft an der aus ihrer Sicht willkürlich festgelegten Höhe der Gebühr. Diese wird nicht durch den Markt bestimmt, sondern vom Umweltministerium in Prag. Die Behörde hatte zunächst einen Tarif von 5,50 Kronen je Kilogramm vorgeschlagen (0,21 Euro, Wechselkurs am 25.6.13: 1 Euro = 25,80 Kronen). Offenbar auf Druck des Städte- und Gemeindeverbandes wurde diese Gebühr zwischenzeitlich auf 11 Kronen verdoppelt. Die Kommunen wollten auf diese Weise die Kosten für die Revitalisierung der Freiflächen nach Demontage der PV-Anlagen berücksichtigt wissen.

Ende Juni 2013 hat das Umweltministerium einen abschließenden Entwurf der Anordnung vorgelegt, in der von 8,50 Kronen je Kilogramm die Rede ist (Texte der Anordnung unter https://www.mzp.cz/cz/solarni_panely_legislativa). Laut Experten würde das Kosten von rund 2 Milliarden Kronen verursachen. Das Geld würde jahrelang auf den Konten der Recyclingunternehmen liegen, bis die Entsorgung ansteht. Die Lebensdauer der erst ab 2008 in großem Stil montierten Module wird auf 20 bis 30 Jahre geschätzt.

Für die Betreiber von Solarkraftwerken in Tschechien käme damit nach der rückwirkend eingeführten Solarsteuer (26 Prozent auf Einnahmen der Anlagen, die 2009 und 2010 in Betrieb gegangen sind) eine weitere finanzielle Belastung zu. Die Recyclinggebühr könnte etwa 1,2 bis 2,5 Prozent der jährlichen Umsätze kosten, haben Marktteilnehmer errechnet.

Branchenverband übt heftige Kritik

Die im Laufe von fünf Jahren einzuzahlenden Beträge sollen später mit den tatsächlichen Kosten für die Entsorgung der Solarmodule verrechnet werden. Sollte die Zerlegung der Platten günstiger sein als die eingezahlte Summe, gibt es die Differenz zurück. Kostet die Entsorgung mehr, muss Geld nachgezahlt werden. Die Beiträge sollen während der Laufzeit in tschechische Staatspapiere oder anderen wertbeständigen Anleihen angelegt werden, um inflationsgeschützt zu sein.

Der tschechische Solarindustrieverband CZEPHO kritisiert das gesamte Procedere. Es sei nicht garantiert, dass die Gelder im Laufe von 30 Jahren nicht veruntreut würden, sagte eine Sprecherin. Außerdem könnten sich die Kosten für die Entsorgung der Module im Laufe der Zeit durch neue Technologien noch deutlich verringern. Einige Abfallfirmen in Tschechien weisen darauf hin, dass die Module wertvolles Aluminium und Silber enthalten, das gewinnbringend weiterverkauft werden könne.

Lizenzen für die Entsorgungsfirmen vergibt das tschechische Umweltministerium. Laut Webseite (https://www.mzp.cz) haben bisher die Anbieter Asekol Solar (https://www.asekolsolar.cz), PV Recovery (https://www.ampermarket.cz), Rema PV System (https://www.remapvsystem.cz) und Retela (https://www.retela.cz) eine entsprechende Akkreditierung bekommen. Weitere Unternehmen wie OFO Recycling (https://www.oforec.cz), Elektrowin (https://www.elektrowin.cz) oder REsolar (https://www.resolar.cz) sind im Rennen um die lukrativen Verträge mit den Solarstromerzeugern.

REsolar wurde vom Solar-Branchenverband CZEPHO gegründet. Dahinter stehen vor allem die großen Photovoltaikerzeuger in Tschechien, die insgesamt 750 MW Leistung installiert haben und damit ein Drittel des Gesamtmarktes abdecken.

Aktuell gibt es in Tschechien mehr als 22.000 Solarkraftwerke. Ende März 2013 betrug die installierte Gesamtleistung 2.082 MWp (Megawattpeak). Das entspricht bei strahlendem Sonnenschein der Kapazität von zwei Kernreaktoren. Pro Kopf gerechnet hat das Land nach Deutschland und Italien die größte Solarkraftwerksleistung in der EU. Die PV-Module erzeugten 2012 rund 2.150 GWh Strom und damit 2,5 Prozent der tschechischen Gesamtproduktion. Die meisten Anlagen befinden sich in den Regionen Südmähren, Mittel- und Südböhmen.

Seit Einführung der Solarsteuer und der drastischen Kürzung der Einspeisevergütung hat die Dynamik beim Aufbau neuer Photovoltaikanlagen in Tschechien stark nachgelassen. Inzwischen sind die Wachstumsraten geringer als bei der Neuinstallation von Windrädern.

Der aktuelle Aktionsplan des tschechischen Wirtschaftsministeriums für erneuerbare Energiequellen geht davon aus, dass die Gesamtleistung der Solarkraftwerke bis 2020 auf dem heutigen Niveau stagniert (2,1 GW). Der Windkraft wird dagegen mehr als eine Verdoppelung auf 0,6 GW zugetraut.

Die Prognosen der Regierung für die Photovoltaik scheinen aber zu pessimistisch. Zwar werden nur noch Anlagen bis 30 kW Leistung gefördert. Zudem haben sich die Einspeisevergütungen 2013 im Vergleich zum Vorjahr nochmals halbiert (bei Neuanschluss bis Ende 2013: 2,43 bis 2,99 Kronen je kWh für Anlagen bis 30 kW Leistung). Doch selbst diese Tarife sind angesichts sinkender Modulpreise offenbar noch attraktiv für Investoren: Die Zahl der PV-Dachanlagen in Tschechien ist 2012 um fast 9.000 angestiegen. Sie hatten eine Leistung von 113 MW.