Schwere Zeiten für Fassweinhändler

Schwere Zeiten für Fassweinhändler

Gesetzesnovelle verschärft Regeln – selbst dem Landwirtschaftsminister gehen einige Bestimmungen zu weit

27. 10. 2016 - Text: Ivan DramlitschText: Ivan Dramlitsch; Foto: APZ

Gepanscht, gefälscht, illegal eingeführt, falsch deklariert, irreführend gekennzeichnet – seit Jahren häufen sich die Klagen über Missstände auf dem tschechischen Weinmarkt. Im Frühjahr vergangenen Jahres dann ein Hoffnungsschimmer: Das Landwirtschaftsministerium versprach ein strenges Durchgreifen. Eine Gesetzesnovelle sollte Betrug verhindern und den Markt bereinigen. Nach eineinhalb Jahren Sendepause war es am Freitag so weit: Das Abgeordnetenhaus verabschiedete die lange erwartete Novelle des Weinbaugesetztes. Ob sie jedoch einen Durchbruch im Kampf gegen Fälscher und Panscher bringt, bleibt fraglich.

Im Fokus der Kritik steht vor allem der Umgang mit ausländischem Fasswein. Durch Schwarzimporte und falsche Kennzeichnung entgehen dem Staat in diesem Bereich laut ­Ministerium jährlich rund 100 Millionen Euro Steuer­einnahmen. Die Regeln für die Fassweineinfuhr wurden jetzt deutlich verschärft: Importeure müssen nun innerhalb von zwölf Stunden jede Einfuhr melden und auf den Liter genau angeben, wo dieser Wein als Fasswein in Tschechien verkauft wird. Wer dagegen verstößt, dem drohen Strafen von bis zu zwei Millionen Euro. Dem Verband der Weinhändler geht das naturgemäß zu weit: „Wir importieren Wein und suchen dann erst Käufer dafür. Dass man als Importeur schon vorher weiß, wer die Ware kauft, ist komplett unrealistisch“, so Verbandschef Václav Rusnok.

Auf Veränderungen müssen sich auch Betreiber von Vinotheken und Weinläden einstellen, von denen es in Tschechien nach Schätzungen bis zu 15.000 geben soll. Fasswein wird laut Gesetz zukünftig nur beim Hersteller oder Importeur zu beziehen sein. Die Folge: Weingroßhändler werden aus der Handelskette ausgeschlossen, und Weinladenbesitzer müssen (zumindest auf dem Papier) zu Produzenten werden, obwohl sie keinen Wein herstellen. Das ist für letztere mit großem bürokratischen Aufwand verbunden – denn für sie gelten nun die gleichen administrativen Bestimmungen wie für Winzer.

Lobbyisten im Spiel?
Hinzu kommt, dass sie mit jedem Winzer einzeln Verträge abschließen müssen, da ein Bezug über den Großhandel ausgeschlossen ist. Das macht den Verkauf ausländischen Fassweins praktisch unmöglich. Dabei stammen derzeit rund 60 Prozent des in Tschechien verkauften Fassweins aus dem Ausland. Kein Wunder, dass vor allem kleinere Weinladenbe­sitzer protestieren und von „Liquidierung“ sprechen – zumal viele von ihnen den meisten Umsatz mit Fassware machen. Befürchteter Nebeneffekt: Mährischer Wein wird teurer – weil er noch knapper wird. Auch die nun obligatorischen Einwegbehälter, die die bisher verwendeten Mehrwegfässer ersetzen müssen, werden laut Kritikern den Weinpreis weiter in die Höhe treiben.

Dass bei der Entstehung der jetzt verabschiedeten Novelle nicht nur guter Wille zur Verbesserung federführend war, sondern der Einfluss einer bestimmten Lobbygruppe eine Rolle spielte, steht als Vorwurf offen im Raum. Er zielt auf die Flaschenwein-Großproduzenten ab. Der Hintergrund: Rund 70 Prozent sämtlichen Weines wird in Supermärkten und Discountern abgesetzt – mit dem entsprechenden Preisdruck seitens der großen Ketten: Gefragt ist möglichst viel Ware für möglichst wenig Geld.

Während jedoch der Weinkonsum insgesamt steigt, stagniert der Flaschenverkauf im Supermarkt und Discounter – ein deutliches Indiz dafür, dass sich der Billigwein-Markt Richtung Fassware verschiebt. Eine Entwicklung, die den großen Flaschenproduzenten nicht behagt, man kämpft mit den Fassweinanbietern um die gleiche Zielgruppe. Die jetzt verabschiedeten Reglementierungen des Fassweinverkaufs nutzen vor allem den großen Flaschenweinproduzenten, so einige Kritiker.

Der tschechische Winzer­verband verteidigt die Neuregelung. Gefälschte und gepanschte Weine würden den guten Ruf der mährischen und böhmischen Weine gefährden, die Gesetzesnovelle werde die Verhältnisse deutlich verbessern. „Das ist eine positive Wirkung, die alle möglichen negativen Erscheinungen (…) deutlich überwiegt“, so der Präsident der Winzerunion, Ondřej Beránek. Steigende Weinpreise fürchtet er nicht.
Das sehen die Opposition, aber auch Teile der regierenden Christdemokraten anders. Und selbst deren Landwirtschaftsminister Marian Jurečka gehen Teile der neuen Gesetzesbestimmungen zu weit. Er kündigte deshalb an, im Senat, der das Gesetz bestätigen muss, darauf hinzuwirken, einige Regeln zu entschärfen. Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen.