Schlamm drüber

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Tschechien schützt das Elbtal nun doch – mit einer wichtigen Ausnahme

11. 5. 2016 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Che/CC BY-SA 2.5

Die Entscheidung zwischen Biber und Schiff fällt der tschechischen Regierung nicht schwer. „Es ist in unserem Interesse, dass das Elbtal wirtschaftlich genutzt wird und die Schiffbarkeit des Flusses erhalten bleibt“, hatte Premier­minister Bohuslav Sobotka (ČSSD) erst vor wenigen Wochen betont und damit begründet, dass Tschechien sich weigert, einen Teil des Elbtals in Nordböhmen als europaweit bedeutendes Schutzgebiet anzuerkennen. Anfang Mai hat die Regierung der Forderung der EU-Kommission nachgegeben – könnte man meinen. Umweltexperten sehen das jedoch anders.

Die Regierung hat das Elbtal in Nordböhmen nun zwar auf die Liste der Europaschutzgebiete aufgenommen. Die Forderungen der EU-Kommission habe sie damit dennoch nicht erfüllt, sagt der Leiter der Umwelt­organisation Beleco Jan Dušek. Denn ausgenommen wurden „Schlammablagerungen auf Kiessubstrat“ – Stellen im Fluss, an denen besondere Pflanzen wachsen. Im Bereich der Elbe betrifft das laut Dušek vor allem einen Bereich – und genau den würde die geplante Staustufe bei Děčín unwiederbringlich zerstören, so der Umweltschützer.

Die Idee, solche Ablagerungen auszuklammern, kam aus dem Verkehrsministerium. Die Regierung habe in dieser Variante die einzige Möglichkeit gesehen, das Elbtal wie von der EU gefordert auf die Schutzliste zu schreiben, sagte später eine Sprecherin des Umweltministeriums. Die EU-Kommission verlange, dass Tschechien das Schutzgebiet „Porta Bohemica“ um Schluchtwälder, Lebensräume von Bibern und Lachsen sowie Schlammablagerungen ergänze. Letztere hätten aber für die EU-Kommission keine Priorität, glaubt die Sprecherin des Umweltministeriums.

Dušek sieht das anders. Die Regierung habe ausgerechnet dem am meisten bedrohten Ort im Gebiet Porta Bohemica den Schutz verwehrt. Der Umweltschützer glaubt, dass der Streit mit der EU-Kommission nun weitergehen werde. Umwelt­minister Richard Brabec (ANO) dagegen sagte, das Kabinett wolle abwarten, wie die EU den Schritt bewerte.

Sollte Tschechien den Forderungen aus Brüssel nicht nachkommen, könnten der heimischen Binnenschifffahrt bis zu sieben Milliarden Kronen Fördergelder aus europäischen Fonds entgehen. Die EU hat außerdem bereits entschieden, ein Verfahren gegen Tschechien zu eröffnen. Sie wirft dem Land vor, gegen europäisches Recht verstoßen zu haben, weil es die Schutzliste nicht vervollständigte.

Die tschechische Wasser­straßendirektion, der potenzielle Investor der Staustufe, erklärte unterdessen, der nun gebilligte Schutz für das Elbtal schließe den Bau einer Staustufe nicht aus. Die Auswirkungen auf die Umwelt müssten unter den neuen Umständen jedoch möglicherweise anders bewertet werden. Inwieweit es nötig sein wird, die bisherige Dokumentation zu überarbeiten, verhandelt die Wasserstraßendirektion jetzt mit dem Umwelt­ministerium.