Provisorium ohne Ende?

Provisorium ohne Ende?

Die alte Straßenbahn-Brücke ist abgerissen, die neue Troja-Brücke noch nicht in Betrieb. Darunter leiden die Fahrgäste

19. 2. 2014 - Text: Martin NejezchlebaText: Martin Nejezchleba; Foto: Christoph Laak

Eigentlich sollte Ende April Schluss sein mit dem Provisorium. Wer im Moment von Holešovice mit der Straßenbahn in Richtung der nördlichen Stadtteile Troja, Kobylisy oder Bohnice fahren möchte, muss mit erheblichen Verzögerungen rechnen. Die Straßenbahn Nummer 17 endet an der Haltestelle Výstaviště Holešovice, der Ersatzbus X-17 bringt die Fahrgäste aber erst ab der nächsten Station weiter, vom Bahnhof Holešovice über die Moldau und hinauf nach Kobylisy. Der Grund: Die alte Straßenbahnbrücke wird bereits in ihre Einzelteile zerlegt, die neue Troja-Brücke ist aber noch nicht fertig. Und ein Ende des Ausnahmezustandes ist nicht in Sicht.

Die imposante Bogenbrücke ist Teil des Tunnelkomplexes Blanka. Die Bauarbeiten am 5,5 Kilometer langen Stadttunnel und allen anliegenden Baustellen liegen seit Dezember brach. Die Stadtverwaltung hatte Ende 2013 den Vertrag mit Metrostav angezweifelt und die Arbeiter abziehen lassen. Während der Tunnel bereits so gut wie fertig ist, gibt es an der 262 Meter langen Brücke noch viel zu tun. „Wir müssen Geländer und Beleuchtung montieren, die Fahrbahn, die Gehsteige sowie die Straßenbahngleise fertigstellen. Die Abwassertechnik ist genauso wenig montiert wie die Anbindung an die Straßen zu beiden Seiten“, erklärte Metrostav-Sprecher František Polák im Januar, nachdem das Gericht eine weitere Verhandlung im März anberaumt hatte.

Laut Polák ist eine Inbetriebnahme der Straßenbahnverbindung von Holešovice nach Troja im April fast ausgeschlossen. Auch wenn das Gericht im März die Fortsetzung der Arbeiten anordnet, würde man für die Fertigstellung mindestens drei Monate benötigen.

Ermittlung gestoppt
So wie der gesamte Tunnelkomplex Blanka steht auch der Bau der Troja-Brücke im Visier der tschechischen Antikorruptionspolizei. Die Kosten wurden vertraglich auf 469 Millionen Kronen (rund 17 Millionen Euro) festgelegt. Ende vergangenen Jahres hatte die Stadt aber bereits 644 Millionen bezahlt – wohl illegal, da Mehrkosten laut Vertrag im Stadtrat abgesegnet werden müssten. Das ist nie geschehen. Die Gesamtkosten werden inzwischen auf 1,2 Milliarden Kronen (knapp 44 Millionen Euro) geschätzt. Laut Angaben aus dem Rathaus ist die monumentale Brücke auch nicht nach den ursprünglichen Vorgaben gebaut worden. Die Polizei hat den Fall im vergangenen Jahr vorerst ad acta gelegt.

Bis Oktober ratterten die Straßenbahnen über eine 1981 eröffnete provisorische Eisenkons­truktion. Wegen des geräuschvollen Betriebs nennen die Prager die mit Holzplanken ausgelegte grüne Brücke liebevoll „Ramusák“ – frei zu übersetzen als „Krachbrücke“.
Die Demontage der einzigen Prager Brücke, die ausschließlich Straßenbahnen vorbehalten war, geht indes ohne Unterbrechung voran. Metrostav ist dazu laut dem Gerichtsurteil vom Januar vertraglich gebunden, trotz ausstehender Zahlungen in Höhe von 2,1 Milliarden Kronen und Rechtsstreit mit der Stadt Prag.