Nostalgie im Eden-Stadion

Nostalgie im Eden-Stadion

Im Mai erlebt Prag die Neuauflage des EM-Finales von 1996. Stars wie Pavel Nedvěd und Lothar Matthäus bestreiten dabei ein offizielles Ü35-Länderspiel

18. 12. 2014 - Text: Stefan WelzelText: sw/mh; Foto: ČTK/imago

 

Es gehört trotz des bitteren Schlussakts immer noch zu den absoluten Höhepunkten tschechischer Fußball­geschichte: Am 30. Juni 1996 pfiff Pierluigi Pairetto aus Italien im legendären Londoner Wembley-Stadion das Finale der zehnten Fußball-Europameisterschaft an. Der Unparteiische war dem tschechischen Team durchaus wohlgesinnt, als er in der 59. Minute einen umstrittenen Elfmeter gegen den Favoriten aus Deutschland gab.

Doch am Ende setzte sich die DFB-Auswahl durch und gewann zum dritten Mal den kontinentalen Titel. Nun kommt es im Prager Eden-Stadion zur Revanche. Am 25. Mai 2015 treffen damalige Spieler erneut aufeinander. Das gaben vergangenen Sonntag die vier ehemaligen Repräsentanten Ulf Kirsten, Lothar Matthäus, Pavel Kuka und Miroslav Kadlec in der tschechischen Hauptstadt bekannt. Auf der Trainerbank werden Dušan Uhrin, der die Tschechen auch damals trainierte, und Otto Rehhagel sitzen.

„Eigentlich wollten wir schon zum 15. Jahrestag ein solches Spiel austragen, aber es war verdammt schwer, einen Termin zu finden. Erst jetzt hat es endlich geklappt. Im Grunde genommen feiern wir damit das 20. Jubiläum. Für 2016 hätten wir das wegen der Europameisterschaft nicht organisieren können“, erklärte der EM-Zweite von 1996 und ehemalige Bundesligaspieler Pavel Kuka. Der 46-jährige Prager ist derzeit Sportdirektor von Viktoria Pilsen und leitet nebenbei die Legenden-Vereinigung „Czech Team 96“, die das Spiel organisiert.

Inzwischen hätten auch alle tschechischen Ex-Internationalen, die damals im Finale standen, für das Jubiläumsspiel zugesagt, so Kuka. Die deutsche Mannschaft wird allerdings nicht in Originalbesetzung antreten. Dafür kommt das Prager Publikum in den Genuss, ehemalige Weltklassespieler wie Michael Ballack, Andreas Brehme oder eben den Weltmeisterkapitän von 1990 Lothar Matthäus kicken zu sehen.

Dieser traf bei seinem Kurztrip nach Prag am Wochenende nicht nur seine ehemaligen Gegenspieler aus den neunziger Jahren, sondern auch den tschechoslowakischen Vizeweltmeister Josef Masopust. „Es war ein sehr emotionales Gespräch und eine große Ehre für mich, mit Herrn Masopust sprechen zu dürfen“, so der DFB-Rekordauswahlspieler (150 Einsätze). Für den inzwischen 53-jährigen Franken dürfte es auch eine kleine Genugtuung sein. 1996 wurde er trotz guter Leistungen beim FC Bayern München nicht in den Kader für die EM berufen. Differenzen zwischen ihm und Trainer Berti Vogts verhinderten die Teilnahme. Auch mit dem damaligen Kapitän der Deutschen Jürgen Klinsmann verstand sich Matthäus nicht sonderlich gut. Ob dies mit ein Grund dafür ist, dass rund 20 Jahre später er und nicht Klinsmann beim Legendenspiel dabei ist, gehört allerdings ins Reich der Spekulationen.

Herausragende Einzelkönner
Freuen können sich die Fans mit Sicherheit auf ein ernsthaft geführtes Duell. Da es als ein offizielles Ü35-Länderspiel stattfindet, werden die 22 Akteure mit dem nötigen sportlichen Ehrgeiz zu Werke gehen. „Keines der beiden Teams braucht und will einen reinen Schaukampf. Wir werden alles geben und am Schluss schauen wir dann, wer gewinnt“, gibt sich Kuka ambitioniert.

Möglich, dass die Wunde der Niederlage von 1996 noch nicht ganz verheilt ist, auch wenn die Alt-Internationalen sich gut verstehen.

Die tschechische 1:0-Führung vom Elfmeterpunkt besorgte damals Patrik Berger von Borussia Dortmund. In der 73. Minute glich Joker Oliver Bierhoff per Kopf aus. Derselbe Stürmer war es denn auch, der in der fünften Minute der Nachspielzeit mit dem ersten und einzigen Golden Goal bei einem internationalen Turnier die Träume der Tschechen zunichte machte. Es war ein brutaler Genickschlag für Kuka, Kadlec und Co. Der effiziente und technisch beschlagene Konterfußball, den dieses Team mit herausragenden Einzelkönnern wie Karel Poborský oder dem späteren Europa­fußballer des Jahres 2003 Pavel Nedvěd praktizierte, hätte den Titel verdient gehabt.  

Der Kartenvorverkauf für das „Treffen der Legenden“ hat bereits begonnen. Tickets kosten 390 bis 490 Kronen und sind an den Verkaufsstellen von Ticketportal erhältlich.  Die Einnahmen werden einer wohltätigen Stiftung überwiesen.

Voraussichtliche Kader

Tschechien: Pavel Nedvěd, Karel Poborský, Vladimír Šmicer, Pavel Kuka, Miroslav Kadlec, Patrik Berger, Petr Kouba, Radek Bejbl, Luboš Kubík, Jan Koller, Ladislav Maier, Jan Suchopárek, Jiří Němec, Radoslav Látal, Michal Horňák

Deutschland: Lothar Matthäus, Ulf Kirsten, Mario Basler, Andreas Brehme, Fredi Bobic, Markus Babbel, Michael Ballack, Bruno Labbadia, Oliver Bierhoff, Thomas Häßler, Jens Nowotny, Jens Lehmann, Thomas Helmer, Karl-Heinz Riedle, Stefan Kuntz