Mit der Rente in die Armut?

Mit der Rente in die Armut?

Immer mehr tschechische Rentner leben am Existenzminimum

13. 2. 2014 - Text: Marcus HundtText: mh/čtk; Foto: Marlene Rybka Visualizing & Photography

Neun von zehn Senioren in Tschechien müssen mit weniger als 14.000 Kronen Rente im Monat auskommen. Das entspricht einer Summe von umgerechnet etwa 500 Euro. Zum Vergleich: Während die monatlichen Rentenbezüge in Deutschland Mitte des vergangenen Jahres bei durchschnittlich 1.176 Euro lagen, betrugen diese im östlichen Nachbarland zur selben Zeit lediglich rund 400 Euro (10.963 Kronen), also gut ein Drittel. In ganz Europa, also auch in Tschechien und Deutschland, verfügen dabei Frauen im Rentenalter im Schnitt über weniger Geld als Männer. Von den 10,5 Millionen Einwohnern der Tschechischen Republik beziehen 2,4 Millionen, also fast ein Viertel, die Altersrente. Ein Großteil der Rentner ist laut EU-Kriterien armutsgefährdet, jeder zweite liegt mit seinen Bezügen unterhalb der Armutsgrenze.

Fragwürdige Statistik
Die finanzielle Situation der Rentner im Land steht laut dem aktuellen EU-Armutsbericht in klarem Widerspruch zu jener der arbeitenden Bevölkerung. Im vergangenen Jahr überraschte viele die Statistik, die besagt, Tschechien habe mit 9,8 Prozent die niedrigste Armutsgefährdungsquote innerhalb der EU.

Welchen Einschnitt der Eintritt in das Rentenalter hierzulande bedeutet, zeigt ein Blick auf die neuesten Daten des Tschechischen Amtes für Soziale Angelegenheiten (Česká správa sociálního zabezpečení, ČSSZ). Demnach waren im Jahr 2013 insgesamt über 71.000 Rentner von einer Zwangsvollstreckung betroffen. Seit 2006 hat sich diese Zahl damit mehr als verdoppelt.

„Weitere zehntausend Rentner haben ebenfalls Bekanntschaft mit dem Gerichtsvollzieher gemacht. Doch bei ihnen wurden die Vollstreckungstitel bisher zurückgestellt, da ihre Rentenbezüge einfach zu niedrig sind. Eine angemessene Alterssicherung muss schließlich gewährleistet sein“, sagt die ČSSZ-Sprecherin Jana Buraňová. Wie in anderen EU-Staaten gilt auch in Tschechien ein weitreichender Pfändungsschutz bei Altersrenten, der in der Zivilprozessordnung geregelt ist.

Zwar sind laufende Bezüge mit Ausnahme von Sozialhilfe im gleichen Maße pfändbar wie Arbeitseinkommen. Doch darf dadurch keine Sozialhilfebedürftigkeit eintreten. Trotz dieser gewährleisteten Alterssicherung macht die gestiegene Zahl verschuldeter Rentner deutlich: Altersarmut wird in Tschechien zu einem ernster zu nehmenden sozialen Problem und stellt die Politik vor eine große Herausforderung.