Kunst ohne Grenzen

Kunst ohne Grenzen

Die Ausstellung „Bez hranic“ erinnert an Blütezeiten der Erzgebirgsregion

16. 12. 2015 - Text: Alena Gold, Foto: Národní galerie v Praze

Fährt man während der Adventszeit durch Dörfer im Erzgebirge, leuchten in zahlreichen Fenstern die Kerzen der Schwib­bögen. Für viele sind sie nicht nur Weihnachtsdekoration, sondern Inbegriff erzgebirgischer Handwerkskunst. Die Motive im Bogen erinnern oft an die Traditionen des Bergbaus in der Region, die ihren Bewohnern in der Vergangenheit harte Arbeit aber auch Wohlstand bescherte – und das auf beiden Seiten der Grenze; im Königreich Böhmen wie im Herzogtum Sachsen. Zwei verbindende Haupt­handelswege gab es im Hoch- und Spätmittelalter, auf denen nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch reger kultureller Austausch stattfand.

Die Ausstellung „Bez hranic“ („Ohne Grenzen“ – Kunst im Erzgebirge zwischen Gotik und Renaissance) folgt im Waldstein-Reitsaal der Prager Nationalgalerie dem Elbe- und Landweg von Prag durch die böhmischen Städte Litoměřice (Leitmeritz), Ústí nad Labem (Aussig), Louny (Laun), Žatec (Saaz) und Most (Brüx) nach Dresden beziehungsweise Freiberg. Kunstvoll gestaltete Skulpturen und Malereien, Monstranzen, kirchliche Schriften und Altarflügel sind Ausdruck des damaligen Reichtums und Selbstbewusstseins der Städte im Erzgebirge. Erklärtes Ziel der Ausstellungsmacher ist das Wiederbeleben des kulturellen Gedächtnisses sowie das Stärken einer grenzüberschreitenden Identität in der Region, die sich auf diese gemeinsamen Traditionen in Kunst und Kultur stützt. Aufgrund der Ereignisse im letzten Jahrhundert sei diese in Vergessenheit geraten, so Michael Otto, Kurator von „Bez hranic“.

Präsentiert werden Kunstwerke aus 300 Jahren, von 1250 bis 1550, darunter zahlreiche Marienstatuen, Heiligenbilder und Kruzifixe. Häufig sind die Namen der Künstler, oder zumindest die ihrer Lehrer, bis heute bekannt. Darunter finden sich Albrecht Dürer und Lucas Cranach der Ältere, beide gleichermaßen bedeutend für die deutsche Renaissance. Vom Steinmetz Ulrich Creutz wurde die Grabplatte des Begründers  eines Franziskaner-Klosters in Kadaň (Kaaden) Jan Hasištejnský z Lobkovic gefertigt, die zu den wichtigsten erhaltenen Zeugnissen nordböhmischer Bildhauerei der Spätgotik zählt. Auch sie ist im Waldstein-Reitsaal zu sehen.

Die Alltagskultur in den Bergbaustädten Jáchymov (Sankt Joachimsthal) und Krupka (Graupen) veranschaulicht die Ausstellung unter anderem durch Untertage-Arbeitsgerätschaften und Silbermünzen. Somit sind die Exponate in „Bez hranic“ weit mehr als Beispiele vergangener Kunstepochen. Sie informieren auch über das Leben und den Kulturaustausch in der böhmisch-sächsischen Grenzregion.

Bez hranic – ohne Grenzen. Waldstein-Reitsaal (Valdštejnská 3, Prag 1) geöffnet: täglich außer montags 10 bis 18 Uhr, Eintritt: 180 CZK (ermäßigt 90 CZK, Familien 350 CZK) bis 13. März 2016, www.ngprague.cz

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