Kultureller Antrieb

Das Festival „4+4 dny v pohybu“ thematisiert die Probleme unserer Welt
9. 10. 2013 - Text: Vanessa WeissText: Vanessa Weiss; Foto: Alexis Destoop
Die Welt empört sich über die NSA-Spionage, Griechenland kämpft gegen seine Staatsverschuldung und Flüchtlinge werden von Land zu Land abgeschoben. Probleme gibt es auf der ganzen Welt, seit jeher. Schon die Künstler der Weimarer Republik hatten es sich zur Aufgabe gemacht, auf Missstände mit den Mitteln des Theaters aufmerksam zu machen. Auch das 18. Prager Kulturfestival „4+4 dny v pohybu“ („4+4 Tage in Bewegung“) hat sich das sozialkritische Aufbäumen in diesem Jahr als Leitthema gesetzt. Von 11. bis 19. Oktober verwandeln Ensembles und Künstler aus der ganzen Welt die Bühne in einem Raum, der die Probleme der heutigen Welt unter verschiedenen Blickwinkeln beleuchten soll.
Im Zentrum des Spektakels steht das denkmalgeschützte Alfa-Palais am Wenzelsplatz. Einst waren hier zahlreiche Cafés, Läden, Arztpraxen und das Kino „Alfa“ beheimatet – seit einigen Jahren steht das Gebäude leer. Die Magie von damals ist verschwunden. Für das neuntägige Festival werden 40 renommierte zeitgenössische Künstler unter dem Motto „The problem is here“ das Gebäude mit Installationen, Objekten, Bildern und Videos wieder am bunten Prager Leben teilhaben lassen. „Mit dem Leitthema wollen wir uns auf die Suche nach den wichtigsten Problemen auf der Welt begeben und darauf aufmerksam machen“, sagt Kuratorin Denisa Václavová. „Viele Probleme liegen ja unmittelbar vor uns und können auch von uns gelöst werden.“ Der Wenzelsplatz als ein Ort mit bewegter Vergangenheit wird so zum Ausgangspunkt des politischen und kulturellen Rundumschlags von „4+4 dny v pohybu“. Bei thematischen Spaziergängen soll dessen Geschichte wieder ins Gedächtnis geholt werden.
Theateraufführungen, Workshops und Tanzperformances reflektieren aktuelle Themen, Diskussionsrunden zur Rolle der zeitgenössischen Kunst oder zur Stadtplanung ergänzen die Inszenierungen.
Bittersüße Kritik
Neben dem Alfa-Palais dienen zahlreiche renommierte Prager Theaterhäuser als Festivalbühne. So präsentieren das Theater Archa, die Neue Bühne des Nationaltheaters (Nová scéna) und das Studio Alta internationale Theatergruppen.
Einfaches Sprechtheater braucht hier niemand zu erwarten, erst recht nicht, wenn die „Superamas“ das Programm mitgestalten. Das französisch-österreichische Künstlerkollektiv kombiniert seit 1999 erfolgreich Choreographie, Autorenfilm, Theater und Soap Opera. Mit seiner bittersüßen aktuellen Comedy-Performance „Theatre“ bringt es Themen zusammen, die scheinbar nichts gemeinsam haben: die Entdeckung der Perspektive in der Renaissance-Malerei mit der 3D-Computertechnologie des 21. Jahrhunderts sowie osmanische Sultane aus dem 15. Jahrhundert mit führenden westlichen Politikern der Gegenwart. Nicht nur Theater-Affine sollten sich „Superamas“ Inszenierung am 19. Oktober im Theater Archa anschauen. Wer sich mit vergangenen und zukünftigen Problemen unserer Welt auseinandersetzt, wird wohl kaum eine erheiternde Dosis Gesellschaftskritik bekommen.
4+4 dny v pohybu, 11. bis 19. Oktober, Programm und Erläuterungen (auch auf Englisch) unter www.ctyridny.cz
Auf unbestimmte Zeit verschoben
Neue Formen des Unterrichts