Kommentar: Kotau in Peking

Kommentar: Kotau in Peking

Zeman gefällt sich in der Rolle des Außenseiters

3. 9. 2015 - Text: Josef FüllenbachText: Josef Füllenbach; Foto: ČTK

Präsident Zeman hat sich diese Woche erneut auf den weiten Weg nach Peking gemacht. Anlass seiner Reise ist die Feier zum Gedenken an den chinesischen Sieg über Japan vor 70 Jahren. Anders als vor, während und nach dem China-Besuch im Oktober 2014 ist diesmal nur verhaltene Kritik zu vernehmen. Die Regierung, deren Spitzen selbst zahlreiche Reisen ins Land der Mitte unternehmen, hat jetzt keine Einwände.

Und doch muss man Fragezeichen setzen. Zeman gefällt sich wieder einmal in der Rolle des Außenseiters. Als einziges europäisches Staatsoberhaupt nimmt er an der Jubelfeier teil. Und er findet auch nichts dabei, Seite an Seite mit zum Beispiel Putin oder dem international zur Fahndung ausgeschriebenen sudanesischen Präsidenten Baschir einer großen Militärparade ausgerechnet auf dem Platz des Himmlischen Friedens beizuwohnen. Im Mai in Moskau, als Zeman ebenfalls aus der Reihe tanzte und an den russischen Feiern zum Ende des Zweiten Weltkriegs teilnahm, hat er immerhin in letzter Minute seine geplante Anwesenheit bei der Militärparade abgesagt und stattdessen bilaterale Gespräche geführt. Ob Zeman auch jetzt einen Rückzieher macht und sich etwa mit seinem „Freund“ Gerhard Schröder trifft, den es ebenfalls zum Feiern nach Peking gezogen hat, bleibt abzuwarten. Gemeinsam könnten die beiden ja die lupenreine Demokratiefestigkeit Putins analysieren.

So oder so, es bleibt unerfindlich, warum der tschechische Präsident die Profilierung seines Landes vornehmlich im Gegensatz zu den Ländern sucht, mit denen Tschechien am engsten verbunden ist. Unter den westlichen Verbündeten gewinnt Tschechien so kaum Freunde (und Einladungen), und der wiederholte Kotau in Peking und Moskau macht das Land nicht zu einem selbständigen und geachteten Akteur auf internationaler Bühne.