„Peter ist unsterblich“
Unvergessen

„Peter ist unsterblich“

Im November gedenkt man traditionell der Verstorbenen. Fritz Hofmann erinnert in Marienbad an Bruder Peter, einst ein berühmter deutscher Opernsänger und Rockstar

25. 10. 2018 - Interview: Klaus Hanisch, Fotos: Fritz Hofmann

PZ: Sie haben in diesem Frühjahr eine Erinnerungstafel an dem Haus in Marienbad anbringen lassen, in dem Ihr Bruder 1944 geboren wurde. Warum ist es für Sie wichtig, gerade dort an ihn zu erinnern – und warum gerade jetzt, mehr als sieben Jahre nach seinem Tod?
Fritz Hofmann: Unsere Mutter ist vor drei Jahren verstorben, da wird man nachdenklich. Ich habe mich daran erinnert, dass wir oft an dem Haus standen, aber nie drin waren. Obwohl unsere Mutter viel darüber erzählt hat. So kam mir die Idee, dort an meinen Bruder zu erinnern. Aber das brauchte lange und war schwierig.

Das Geburtshaus beherbergt heute das Hotel Belvedere oberhalb der Kolonnaden. Ihre Erinnerungstafel wird daher künftig von vielen Menschen wahrgenommen. Warum sollten sich Ältere – nun auch anhand dieser Tafel – noch an Peter Hofmann erinnern und Jüngere ihn neu entdecken?
Weil er ein Ausnahmesänger war. Leute schreiben mir heute noch, dass seine Stimme unsterblich ist. Selbst Fans aus Australien. Zum Glück wurden viele Aufnahmen archiviert. Als Leonard Bernstein im Sommer 100 wurde, schrieben mir Leute, sie hätten sich aus diesem Anlass wieder einmal das „Tristan-Konzert“ mit Bernstein und Peter in der Titelrolle angehört. Das passiert immer wieder, oft wird noch nach DVDs, CDs und Filmen mit Peter gefragt. Die Leute leben mit ihm und schreiben so, als ob es ihn heute noch geben würde. Peter ist einfach unsterblich!

Gedenktafel für Peter Hofmann am Hotel Belvedere in Marienbad

Stammten Ihre Eltern aus Marienbad?
Meine Mutter stammte aus dem kleinen Dorf Svatobor, früher Zwetbau, etwa 40 Kilometer von Marienbad entfernt. Es liegt heute auf einem Truppenübungsplatz und ich brauchte eine spezielle Genehmigung, um es betreten zu dürfen und dort kürzlich ein wenig Ahnenforschung zu betreiben.

Während des Krieges wurde die Berliner Charité nach Marienbad verlegt, weil die Sicherheit der Patienten wegen der Luftangriffe in Berlin nicht mehr gewährleistet war. In dem Haus, in dem Ihr Bruder geboren wurde, befand sich damals wohl die Geburtsstation.
Und meine Eltern wohnten nur einen Steinwurf von diesem Haus entfernt, bevor sie nach dem Krieg vertrieben wurden. Ich wurde vier Jahre nach meinem Bruder in Darmstadt geboren.

Hatten Sie nach der Vertreibung noch Kontakt nach Marienbad?
Peter und ich sind öfter mal hingefahren, um Golf zu spielen. Dort haben wir auch im Golfhotel übernachtet. Dabei sind wir am Geburtshaus vorbeigelaufen, haben es aber nicht groß beachtet. Peter hat sich dazu nicht weiter geäußert. Ich weiß allerdings nicht, ob es ihm deshalb unwichtig war. Man darf auch nicht vergessen, dass unsere Aufenthalte immer mit viel Hektik verbunden waren, quasi ein Termin zwischen vielen anderen Terminen.

Warum ist er dann aber gerade nach Marienbad gefahren. Es gab ja auch in Deutschland genügend Golfplätze?
Peter hatte gelesen, dass der Golfplatz dort sehr schön sein soll. Das wollte er genauer wissen. Er fand ihn toll.

Die tschechische Wikipedia gab zuvor schon an, dass Peter Hofmann in Marienbad geboren wurde, allerdings wusste dies kaum ein deutscher Fan.
Dass das nicht sehr bekannt war, merkten wir auch, als wir die Tafel anbrachten. Es gab einige erstaunte Reaktionen.

War Ihrem Bruder, der ja in Darmstadt aufwuchs, seine Herkunft von dort von Bedeutung?
Darüber haben wir kaum gesprochen. Während seiner Karriere ergab sich auch kein Auftritt in der Tschechoslowakei oder später in Tschechien. Mit dem Land verbanden wir während der Zeit des Eisernen Vorhangs immer ein mulmiges Gefühl. Ich erinnere mich, dass mein Bruder und ich eines Tages mit Motorrädern an dem völlig verloren wirkenden Grenzübergang Mähring in der Oberpfalz standen. Wir entschlossen uns dort zu einer Mutprobe: Wer traut sich, ein paar Meter zu Fuß über die Grenze zu gehen? Wir gingen keine zehn Meter weit und rannten sofort zurück. Denn wir fürchteten, dass im Wald und im Niemandsland Wachposten aufgestellt waren.

Für das Nummer-1-Album „Rock Classics“ erhielt Peter Hofmann 1982 Doppel-Platin. Auf dem Foto mit Bruder Fritz (links)

In Tschechien wurde zur Einweihung Ihrer Erinnerungstafel erwähnt, die Popularität von Peter Hofmann sei während seiner Karriere mit der Bekanntheit von Karel Gott in der Tschechischen Republik vergleichbar gewesen.
Als wir das Schild anbrachten, erregten wir damit tatsächlich sofort Aufmerksamkeit. Es wurde auch gefragt, warum die Erinnerung an ihn in Deutsch und auf Tschechisch vermerkt wurde. Ich fand das wichtig, für den Fall, dass jemand kommt und ihn kennt. Einer fragte kritisch nach, warum der Text auf Tschechisch in kleinerer Schrift verfasst wurde. Ich habe geantwortet, dass dies bei seiner Geburt ein deutscher Ort war. Sonst hat sich aber niemand an den unterschiedlichen Schriftgrößen gestört, auch nicht die Hotelleitung.

Hotelgruppe und Ansprechpartner wechselten während Ihrer Bemühungen. War es nicht schwierig, diese Tafel ausgerechnet an einem Hotel anbringen zu lassen?
Tatsächlich hat es ein halbes Jahr gebraucht, bis es soweit war. Entscheidend war der Eigentümer des Hauses, nämlich die Hotelgruppe Axxos in Prag. Ich wollte keinesfalls ein Plastikschild an einem denkmalgeschützten Haus, selbst wenn es akzeptiert worden wäre, und habe deshalb eine massive Messingplatte besorgt. Für mich galt: Wenn es einmal sitzt, dann muss es passen. Außerdem sollte es direkt am Eingang platziert sein. Irgendwo um die Ecke und nicht in Kopfhöhe hatte keinen Sinn. Damit war das Hotel erfreulicherweise einverstanden. Auch der Bürgermeister von Marienbad kam zur Einweihung. Bei dem Projekt hat mir Torsten Schlegel sehr geholfen, der seit zehn Jahren eine private Website mit Informationen über Marienbad betreibt.

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