In Gefährdungszone Vier gibt es kein Geld

In Gefährdungszone Vier gibt es kein Geld

Es wird immer schwieriger, Immobilien gegen Hochwasser zu versichern

12. 6. 2013 - Text: Ivan DramlitschText: id/čtk; Foto: vorsprach

Nach der Flut kommt die Arbeit. Das gilt nicht nur für Betroffene des Hochwassers, sondern auch für die Versicherungen. Bis vergangenen Montag wurden den tschechischen Versicherungen über 20.000 Hochwasser-Schadensfälle im Umfang von mehreren Milliarden Kronen gemeldet. Das Ende der Fahnenstange ist dabei noch nicht erreicht. Vor allem in Nordböhmen, wo sich die Elbfluten nur langsam zurückziehen, ist das Ausmaß der Schäden noch nicht in voller Höhe absehbar. „Wir gehen davon aus, dass im Kreis Ústí die Schadensmeldungen in den kommenden Tagen deutlich ansteigen werden“, sagt Miroslav Novák von der Versicherung Kooperativa. Der Tschechische Versicherungsverband ČAP schätzt knapp 100.000 Schadensfälle mit einem Volumen von rund 7,5 Milliarden Kronen (etwa 288 Millionen Euro).

Zahlreiche Versicherungsunternehmen reagieren auf die derzeitige Situation und bieten keine Versicherungen mehr gegen Hochwasser an, da sie Versicherungsbetrug befürchten. „In der Vergangenheit hat es bei ähnlichen Hochwasserereignissen Fälle gegeben, bei denen Kunden eine Hochwasserversicherung abschließen wollten, als ihnen das Wasser bereits im Wohnzimmer stand. Deshalb haben wir uns entschieden, zur Zeit solche Verträge nicht abzuschließen“, erläutert Milan Káňa, Sprecher der Kooperativa-Versicherung. Aus dem gleichen Grund sind die meisten Hochwasserpolicen mit einer Karenzzeit versehen, die eine sofortige Regulierung dieser Risiken ausschließt.

Hochwasserkarten klassifizieren Risiko
Allerdings kann man annehmen, dass die Versicherer nach der neuerlichen Fluterfahrung nicht ur vorübergehend Zurückhaltung üben werden, sondern ihre Vertragspolitik in Sachen Hochwasserrisiko insgesamt modifizieren werden. Zum einen ist von einem allgemeinen Preisanstieg bei den Eigentumsversicherungen auszugehen, da durch solche Ereignisse die Kosten der Versicherungen für deren Rückversicherung deutlich steigen. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass diese höheren Kosten auf die Versicherungsbeiträge umgelegt werden.

Branchenbeobachter gehen davon aus, dass die Versicherer vielen Hausbesitzern Hochwasserversicherungen grundsätzlich verweigern werden. „Zweifelsohne werden in Zukunft weitere Objekte als nicht versicherbar klassifiziert. Oder aber die Risikozuschläge fallen so hoch aus, dass sie faktisch nicht bezahlbar sind“, erklärt Ivan Špirakus, Vorstandsmitglied der Maklergesellschaft Insia.

Sogenannte Hochwasserkarten wurden vom Tschechischen Versicherungsverband ČAP als Konsequenz der verheerenden Sommerflut 2002 eingeführt. Die Karten klassifizieren sämtliche Immobilien in Tschechien hinsichtlich des potentiellen Hochwasserrisikos und ordnen sie einer „Hochwasserzone“ zwischen 1 (vernachlässigbares Risiko) und 4 (hohes Risiko) zu. Der Verband ČAP will bis Ende des Jahres diese Karten aktualisieren, wobei auch die jetzt entstandenen Schäden berücksichtigt werden. „Man muss davon ausgehen, dass sich die Anzahl der hoch gefährdeten Objekte im Vergleich zum jetzigen Stand erhöht“, sagt Michael Neuwirth von ČAP. Er kritisierte gleichzeitig, dass die Hochwasserkarten bei einigen Bauvorhaben offenbar nicht ernst genommen werden. „Es ist äußerst erstaunlich, dass an Orten, die wir als stark risikogefährdet betrachten, immer wieder Neubauten entstehen“, so Neuwirth. Baugenehmigungen erteilen ausschließlich die jeweiligen Kommunen. Im Raum steht der Verdacht, dass bei lokalen Baugenehmigungsverfahren den Interessen des Investors Vorrang gegeben wird und eine verantwortungsvolle Risiko-Abschätzung auf der Strecke bleibt.

Genauere Zahlen darüber, wie viele Objekte in Zukunft nicht mehr versicherungswürdig sind, gibt es nicht. Als sicher gilt, dass Immobilien, die sich in der 4. Gefährdungszone befinden, kaum noch gegen Hochwasser versichert werden. Je nach Region umfasst diese Zone bis zu zwei Prozent der Flächen. Schätzungsweise 60.000 Objekte werden künftig nicht oder schwer versicherbar sein.