Hoffen auf Erdgas und Atom

Tschechiens Wirtschaft sieht neue Chancen in Iran
10. 2. 2016 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Nanking2012/CC BY-SA 3.0
Vor wenigen Wochen haben die USA und die Europäische Union begonnen, ihre Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen Iran aufzuheben. Unternehmer hierzulande hoffen nun auf neue Geschäftsbeziehungen, Wirtschaftsminister Jan Mládek (ČSSD) auf Erdgas. Für Tschechien wäre es am besten, wenn Iran an die Gasleitung Tanap angeschlossen würde, die Aserbaidschan und die Türkei derzeit bauen, sagte Mládek kürzlich. Die Pipeline soll über Süditalien bis nach Wien führen. Tschechien könnte sich so einen direkten Zugang zu iranischem Gas verschaffen, so der Minister. Derzeit bezieht das Land etwa 75 Prozent seines Gases aus Russland.
Iran dagegen interessiert sich vor allem für die tschechische Atombehörde. Als Mládek im Januar nach Iran reiste, überreichte er unter anderem eine Einladung an den Leiter der dortigen Atombehörde Ali Akbar Salehi. Dieser habe „großes Interesse an den Erfahrungen mit der Funktionsweise einer solchen Behörde in Tschechien“ bekundet, sagte Staatssekretär Eduard Muřický nach den Gesprächen. Er hoffe auf neue Möglichkeiten, „nicht nur was die nukleare Sicherheit betrifft, sondern auch wenn es um Technologien geht, die tschechische Firmen liefern könnten“.
Die Vorsitzende der hiesigen Atombehörde Dana Drábová bestätigte, dass Verhandlungen mit ihrem iranischen Amtskollegen geplant seien. Iran versuche seit längerer Zeit, mit Tschechien in Kontakt zu treten. „Jetzt würde es darum gehen, die Zusammenarbeit auszubauen.“ Drábová zufolge verlaufe die Kooperation mit Iran ähnlich wie mit anderen Partnerländern, etwa mit Jordanien oder Armenien. Eine spürbare Veränderung habe jedoch die Wiener Vereinbarung im Juli vergangenen Jahres gebracht.
Damals einigten sich China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA mit Iran auf technische Beschränkungen und Kontrollmechanismen, die gewährleisten sollten, dass das iranische Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient. Mitte Januar bestätigte die Internationale Atomenergiebehörde, dass Iran seine wichtigsten Verpflichtungen aus der Atomvereinbarung erfüllt habe. So seien mehr als zwei Drittel der Zentrifugen abgebaut, das angereicherte Uran außer Landes gebracht und der Kern des Plutoniumreaktors in Arak zerstört worden. Die USA und die EU heben die gegen Iran im Zuge des Atomstreits verhängten Wirtschafts- und Finanzsanktionen schrittweise auf. Iran kann nun zum Beispiel wieder Öl und Gas exportieren und erhält Zugang zu seinen eingefrorenen Exporterlösen.
Eine Reihe westlicher Länder zeigt seitdem wachsendes Interesse an Iran, mehrere Handelsdelegationen waren bereits in dem Land zu Gast. Aus Tschechien reiste auch Außenminister Lubomír Zaorálek (ČSSD) an. Martin Tlapa, Staatssekretär im Außenministerium, sieht Chancen für tschechische Unternehmen in den Bereichen Rohstoffförderung, Petrochemie, Maschinenbau und in der Flugzeugindustrie. Tlapa zufolge werde sich das Außenministerium bemühen, den Warenverkehr und konsularische Angelegenheiten zu vereinfachen.
Ein Abkommen, das Doppelbesteuerung verhindern soll, wurde dagegen bereits unterzeichnet. Mládek zufolge hat das iranische Parlament den Vertrag schon ratifiziert, in Tschechien soll dies noch im Februar geschehen. Demnächst könnte es außerdem zu einer Vereinbarung zum Investitionsschutz zwischen beiden Ländern kommen, die das Finanzministerium derzeit vorbereitet.
Tschechien exportierte 2014 Waren im Wert von etwa 571 Millionen Kronen nach Iran. Im vergangenen Jahr stiegen die Ausfuhren um 66 Prozent. Allein von Januar bis November beliefen sie sich auf 838 Millionen Kronen.
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