Gemeinsame Sprachkenntnisse für mehr Verständnis

Gemeinsame Sprachkenntnisse für mehr Verständnis

Neue Impulse durch deutsch-tschechischen „Sprach-Gipfel“ in Bad Kötzting

31. 10. 2012 - Text: Klaus HanischText: Klaus Hanisch; Foto: madmaharaja

Schon im Juni kündigte das bayerische Kultusministerium nichts weniger als einen Sprach-„Gipfel“ an – ein in der Politik derzeit weit verbreiteter Begriff. Damit wollte das Ministerium den Stand der bildungs- und wirtschaftspolitischen Beziehungen zwischen dem Freistaat und Tschechien beleuchten.

In Bad Kötzting / Oberpfalz informierten nun Schulen und Bildungsinstitutionen an rund 30 Ständen über Programme, Projekte und Kooperationen von tschechischen und bayerischen Partnern.

Für Kultusstaatssekretär Bernd Sibler schaffen „diese vielfältigen Initiativen ein Klima des Miteinanders und bieten neue Möglichkeiten der Kooperation in Wirtschaft und Kultur.“ Trotzdem beherrschen noch immer nicht allzu viele Bayern die Sprache des Nachbarn. Der deutsch-tschechische Sprachgipfel wollte sie gerade jungen Menschen näher bringen.

Schon jetzt können sie sich vielfach mit tschechischer Sprache und Kultur vertraut machen. Austauschprogramme der Schulen mit Tschechien zählen ebenso dazu wie ein Gastschuljahr für Schülerinnen und Schüler aus der Tschechischen Republik.

Zudem können Sprachzertifikate in Zusammenarbeit mit der Karls-Universität Prag erworben werden, es gibt tschechische Sommerkurse für Lehrer aus Bayern und einen Jugendaustausch über den Bayerischen Jugendring.

Schulische Initiativen schließen regionale Wirtschaftsunternehmen ein, über die Grenzen hinweg existieren Kooperationen im Sport inner- und außerhalb von Schulen.

„Die freundschaftliche Beziehung zur Tschechischen Republik ist für Bayern eine dauerhafte interkulturelle Aufgabe“, unterstrich Sibler. Deshalb ist Tschechisch als Unterrichtsfach bereits in allen bayerischen Schularten verankert.

Schüler können Sprachkenntnisse in Arbeitsgemeinschaften an Grund- und Mittelschulen erwerben, im Wahlfach an Realschulen oder im Wahlfach beziehungsweise als später beginnende Fremdsprache an Gymnasien. An beruflichen Schulen ist die tschechische Sprache ein Ausbildungsangebot.
Vorreiter sind vor allem die Realschulen in der Oberpfalz, von denen rund 70 Prozent Tschechisch als Wahlunterricht anbieten. Flankiert wird das Unterrichtsangebot von 165 bayerisch-tschechischen Schulpartnerschaften. Durch sie kommen wechselseitige Besuche von fast 6.000 Schülerinnen und Schülern zustande.

„Ziel des Tschechisch-Unterrichts an bayerischen Schulen ist es, die Beziehungen zwischen Bayern und Tschechien zu vertiefen“, so Sibler, „nur wenn Menschen dies- und jenseits der Grenze miteinander kommunizieren können, verstehen sie einander auch.“

In diesem Zusammenhang verwies der bayerische Staatssekretär auf eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen seinem Haus und dem tschechischen Ministerium für Schulwesen, Jugend und Sport. „Diese Kooperation umfasst sowohl allgemeinbildende als auch berufliche Schulen und legt einen weiteren Akzent auf die Lehrerbildung“, so Sibler.

Die vielen Initiativen, die in Bad Kötzting der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, liegen auch im Sinne der bayerischen Wirtschaft. „Wir freuen uns über die dynamische wirtschaftliche Entwicklung in Tschechien, denn eines ist klar: Die starke Partnerschaft und wirtschaftliche Vernetzung mit unseren tschechischen Nachbarn macht auch uns zu Profiteuren dieser Entwicklung“, sagte der Regensburger IHK-Präsident Peter Esser.

Der Wirtschaftsraum Oberpfalz-Pilsen erwirtschaftet bereits 42 Milliarden Euro. „Mehr als Slowenien und Luxemburg“, so Esser. Vor allem die Sprachbarriere verhindere, dass Unternehmen noch höhere Leistungen erzielen. „Wir sollten uns nicht mehr der Ausrede bedienen, dass wir auch in Zukunft zurande kommen werden, weil über 60 Prozent der Tschechen so gut Deutsch sprechen“, forderte der IHK-Sprecher nachdrücklich.
Europa könne nicht nur von der Politik „von oben“ verordnet werden, sondern müsse sich vor allem bei den Menschen von unten und vor Ort entwickeln und zusammen wachsen, ergänzte Wolfgang Ludwig, Bürgermeister von Bad Kötzting.

„Der Bayerische Wald und der direkt angrenzende Böhmerwald sind unser gemeinsamer Lebens- und Wirtschaftsraum“, konstatierte er, „deshalb müssen wir bereits mit der gemeinsamen Sprachausbildung in den Schulen beginnen.“

Das Treffen von Bad Kötzting mit rund 300 Gästen, unter ihnen auch der tschechische Konsul Dr. Vladimír Krňávek, bewährte sich nach Siblers Einschätzung als „Markt der Möglichkeiten und Katalysator, um neue Ideen umzusetzen.“

Um diese Entwicklung erfolgreich fortzuschreiben, müsse man jedoch miteinander reden können. „Das heißt: Wir müssen die Sprache unserer Nachbarn sprechen“, so der Politiker. Erst fremdsprachliche Kenntnisse öffnen nach seinen Worten einen vertieften Zugang zur jeweils anderen Kultur. Dafür bemühte Sibler gar ein tschechisches Sprichwort: ‚Kolik řečí znáš, tolikrát jsi člověkem – So viele Sprachen du sprichst, so oft bist du Mensch’.