Flüchtlinge als Fachkräfte willkommen

Umfrage: Unternehmen würden 5.000 Migranten einstellen
17. 9. 2015 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Asian Development Bank, CC BY 2.0
Tschechische Firmen wären sofort bereit, 5.000 Flüchtlingen aus Syrien und anderen Ländern einen Arbeitsvertrag zu geben. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Verbandes für Industrie und Verkehr (Svaz průmyslu a dopravy) unter mehreren Dutzend großen Industriebetrieben hervor. „Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage noch um ein Vielfaches höher sein könnte“, meint Verbandssprecher Milan Mostýn. Schätzungen zufolge fehlen in Tschechien derzeit 100.000 bis 200.000 Arbeitskräfte. Vor allem in technischen Berufen haben Unternehmen Schwierigkeiten, ausreichend Fachkräfte zu finden.
Die Firmen hätten kein Problem, jemanden einzustellen, der sich als geeignet erweist, sagt der Vorsitzende des Verbandes kleiner und mittlerer Unternehmen Karel Havlíček. „Außerdem haben die meisten Betriebe Erfahrung mit der Beschäftigung von Ausländern.“ Migranten seien gewöhnlich sehr zuverlässig, weil sie Angst davor hätten, ihre Stelle zu verlieren, glaubt Havlíček. Neben Technikern könnten seinen Worten zufolge auch Hochschulabsolventen, die vor dem Krieg in ihrer Heimat geflüchtet sind, eine Anstellung in Tschechien finden, „zum Beispiel Ärzte und Ingenieure“.
Ähnlich sieht das Jiří Halbrštát, Manager für Marketing und Akquise beim Unternehmen ManpowerGroup: „Wenn Migranten Interesse haben, in Tschechien zu bleiben, wenn sie Asyl beantragen und die nötige Erlaubnis erhalten, könnten sie sofort eine Stelle finden. Das würde auch tschechischen Firmen helfen.“ Spezialisten in den Bereichen IT und Finanzwesen oder Ingenieure hätten seiner Meinung nach auch ohne Tschechischkenntnisse gute Chancen. Gesucht würden zudem Arbeitskräfte in der Landwirtschaft, in der Bau- sowie in der Reinigungsbranche.
Die meisten Betriebe würden Migranten mit technischer Ausbildung bevorzugen. Ebenfalls gefragt sind Englischkenntnisse und die Bereitschaft, sich weiterzubilden. Der Verband für Industrie und Verkehr will nun mit der Ministerin für Arbeit und Soziales Michaela Marksová (ČSSD) darüber verhandeln, wie Flüchtlinge die geforderten Qualifikationen erlangen können.
Geplant sind unter anderem Tschechischkurse. Denn als Hindernisse sehen die Betriebe die Sprachbarriere – und lange bürokratische Verfahren. So weist etwa Ladislav Kučera, Direktor der Beratungsgesellschaft Hays ČR darauf hin, dass die Gesetze geändert werden müssten, damit Unternehmen Flüchtlinge problemlos beschäftigen können. Derzeit sei es sehr aufwendig, eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Bedenken hat auch Erik Švarcbach von der Beratungsgesellschaft McROY Czech. Er nennt sprachliche Probleme und lange Asylverfahren als Hindernisse. Zudem müsste eine Unterkunft gewährleistet werden, das Risiko sei hoch, dass die Beschäftigten schnell wieder kündigten. Und er fürchtet eine „kulturelle Barriere“, wenn tschechische Angestellte am Arbeitsplatz auf Kollegen aus arabischen Ländern treffen.
Die Firma Linet sieht darin kein Problem. Sie würde nach Aussagen von Eigentümer Zbyněk Frolík etwa Hundert Flüchtlinge als Schweißer, Monteure und in anderen Berufen einstellen. Mitarbeiter mit Migrationshintergrund, vor allem Ingenieure, könnten laut Frolík von Vorteil für das Geschäft tschechischer Firmen in arabischen Ländern sein. Das Unternehmen Brano Group würde laut Generaldirektor Pavel Juříček ebenfalls rund Hundert Einwanderern aus arabischen Ländern einen Arbeitsvertrag geben. Auch Unterkünfte stünden bereit.
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