Florierende Hotelbranche

Florierende Hotelbranche

Übernachtungszahlen und Umsätze der Herbergen steigen kontinuierlich – bislang nur wenig Neubauprojekte

10. 10. 2012 - Text: Friedrich GoedekingText: Gerit Schulze; Foto: uggboy

Tschechiens Tourismusindustrie verzeichnet 2012 neue Rekorde. Im 1. Halbjahr haben so viele Gäste wie noch nie in den Hotels und Pensionen übernachtet. Damit steigen auch die Auslastung und die durchschnittlichen Zimmerpreise. Mit neuen Hotelprojekten sind die Investoren aber noch vorsichtig, weil der Wettbewerb weiterhin sehr stark ist. Einige Vorhaben laufen dennoch mit Unterstützung aus EU-Fonds. Außerdem will Prag seine Position als Kongressmetropole ausbauen.

Tschechiens Hotelbranche kommt bislang gut durch die aktuelle Wirtschaftskrise. Die Umsätze der Übernachtungsbetriebe stiegen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres real um 6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Dagegen mussten Restaurants und Gaststätten einen Umsatzrückgang von 4,7 Prozent hinnehmen.

Damit entwickelt sich das Hotel- und Gaststättengewerbe derzeit in unterschiedliche Richtungen. Während am Restaurant-Besuch gespart wird, freuen sich die Herbergen über steigende Besucherzahlen. Wenn sich der Trend des 1. Halbjahres fortsetzt, könnte Tschechien bis zum Jahresende einen neuen Rekord bei den Hotelübernachtungen erreichen. Von Januar bis Juni 2012 zählte das Statistikamt 4,71 Millionen Gäste (+7,6 Prozent), die 12,28 Millionen Übernachtungen (+6,5 Prozent) gebucht hatten. Das waren über 750.000 Übernachtungen mehr als im Vorjahreszeitraum.

Dabei ist sowohl die Zahl der ausländischen Gäste als auch der einheimischen Kunden etwa gleich stark gewachsen. Traditionell entfällt etwas mehr als die Hälfte der Hotelübernachtungen in Tschechien auf Besucher aus dem Ausland.

Unangefochtener Tourismus-Magnet bleibt die Hauptstadt Prag. Zwar stehen hier nur etwa 18 Prozent der Hotelbetten im Land. Mit jährlich über 5 Millionen Besuchern und mehr als 13 Millionen Übernachtungen entfällt auf die Metropole aber über ein Drittel des Hotelgeschäfts. Der Rest verteilt sich fast gleichmäßig auf die anderen Regionen, wobei lediglich Südmähren mit der Messestadt Brünn ein wenig heraussticht.

Von den 50 tschechischen Fünf-Sterne-Hotels standen Ende 2011 allein 39 in Prag. Außerdem gibt es in der Hauptstadt 174 Häuser mit Vier-Sterne-Standard und 186 Drei-Sterne-Hotels. In den Regionen sind Luxusherbergen bislang nur selten zu finden. Im westböhmischen Bäderdreieck rund um Karlsbad (Karlovy Vary) stehen fünf Fünf-Sterne-Hotels. Viele Regionen wie das Erzgebirge, das Isergebirge oder die beiden Großstädte Olomouc und Ostrava haben bislang noch keine Häuser der höchsten Kategorie.

Hohe Auslastungsrate
Nach Einschätzung des tschechischen Hotel- und Gaststättenverbandes (AHR ČR) profitieren vor allem Einrichtungen mit hohem Standard und sehr gutem Service vom Besucheransturm in diesem Jahr. Hotels, die in den vergangenen Jahren kaum in Qualität investiert haben, verlieren dagegen Kunden.

Insgesamt bescheren die steigenden Gästezahlen dem Hotelsektor in Tschechien eine deutlich höhere Auslastung. Im Jahr 2011 waren durchschnittlich 35,9 Prozent aller Betten belegt. Das war der beste Wert seit 2004. Noch höher ist die Auslastung in Prag. Dort waren im Vorjahr 52,9 Prozent aller Betten ausgebucht. In den führenden Häusern der gehobenen Kategorie liegt die Auslastungsrate meist höher bei knapp 70 Prozent.

Die gute Auslastung macht sich auch in den Kassen der Hoteliers bemerkbar. In der Hauptstadt Prag stiegen die Umsätze pro verfügbarem Hotelzimmer. Die sogenannte RevPar-Messgröße lag in den ersten fünf Monaten 2012 laut STR Global um 18 Prozent über der Vorjahresperiode. Die durchschnittliche Tagesrate erreichte 73 Euro pro Nacht. Das ist laut Jones Lang LaSalle immer noch rund ein Drittel weniger als 2008.

Kongresse im Aufwind
Großes Potenzial hat der Kongresstourismus. Der bringt den Hotels hohe Umsätze, Margen und Sondereinnahmen und wächst besonders dynamisch. In den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der Konferenzen und Teilnehmer jeweils gestiegen. Im Jahr 2011 fanden in Tschechien laut Statistikamt 10.600 Tagungen mit 1,35 Millionen Besuchern statt. Für mehr als die Hälfte der Veranstaltungen wurden Vier-Sterne-Hotels gebucht. Die Fünf-Sterne-Häuser wickelten 867 Events ab. Im 1. Halbjahr 2012 hat sich der Positivtrend fortgesetzt.

Nach Angaben des Prague Convention Bureau, das sich um die Förderung dieses Geschäftsfeldes kümmert, geben Teilnehmer von Tagungen während ihres Aufenthalts etwa dreimal so viel aus wie ein normaler Tourist. Der Durchschnitt soll bei 250 bis 330 Euro pro Tag liegen.

Die größte Sogwirkung für Konferenzen hat dabei die Hauptstadt. Sie erzielt mit diesem Geschäftsfeld jährlich Einnahmen von rund 350 Millionen Euro. Im Jahr 2011 zählte das Statistikamt 4.200 Konferenzen mit 560.000 Teilnehmern in Prag.

Trotz der positiven Entwicklung bei den Buchungszahlen und dem Kongresstourismus sind Neubau und Sanierung von Hotels nach der Wirtschaftskrise 2009 ins Stocken geraten. Die beiden Ketten Sofitel und Ritz Carlton hatten ihren Markteintritt verschoben. Auch das Luxushotel Le Royal Meridien, das von der Investitionsgruppe J&T in der Prager Innenstadt gebaut werden sollte, gibt es bislang nur auf dem Papier.

Dank einiger EU-Förderprogramme laufen aber vor allem in den Regionen eine Reihe von Vorhaben für Hotelneubauten und Renovierungen. Dabei handelt es sich meist um kleinere Häuser oder Wellness-Anlagen. In Prag soll 2013 ein Drei-Sterne-Haus „Express by Holiday Inn“ und ein Zwei-Sterne „Hotel One“ eröffnen. Ein Jahr später geht nach Informationen von Jones Lang LaSalle das Vier-Sterne-Hotel NH City Centre in Betrieb.

HPI Germany Hotelbesitz GmbH hat im Frühjahr 2012 das 226-Betten-Hotel Ibis Praha Karlín gekauft. Das Haus soll umfassend renoviert und auf den Standard der Penta-Hotels gebracht werden. In Ostrava soll das ehemalige Hotel „Atom“ für rund 10 Millionen Euro zu einem Clarion Congress Hotel (vier Sterne) werden.

Der Autor ist Korrespondent von Germany Trade & Invest, der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing.