FC Roma nicht willkommen

FC Roma nicht willkommen

Der Fanklub der Bohemians Prag verhindert die Premiere eines Films im Ďolíček-Stadion. Die Ablehnung richtet sich auch gegen die antirassistische Initiative „Hate Free Culture“

21. 9. 2016 - Text: Katharina WiegmannText: Katharina Wiegmann; Fotos: Notprodukce

Sie sind nicht Sparta, auch nicht Slavia. Bei einigen Spielern wölbt sich ein Bierbauch unter dem Trikot und die Disziplin lässt  auch manchmal zu wünschen übrig. Aber sie wollen spielen, stürmen, Tore schießen. Und sie wollen gewinnen. Manchmal machen es die anderen Teams dem Verein „TJ Junior Roma“ aus Děčín dabei allzu leicht: Sie kommen erst gar nicht zum Spiel und geben sich damit zumindest auf dem Papier geschlagen, ohne sich der Mannschaft von Trainer Pavel Horváth überhaupt erst zu stellen. Lieber bezahlen sie eine Disziplinarstrafe, als gegen den Roma-Klub in der tschechischen Amateurliga zu spielen.

Die Regisseure Tomáš Bojar und Rozálie Kohoutová haben einen Dokumentarfilm über den Verein gedreht, der auf dem Spielfeld gegen Diskriminierung kämpft; bisweilen mit einer gehörigen Portion schwarzem Humor. Im Juli feierte die Dokumentation beim Film­festival in Karlovy Vary Premiere. In der vergangenen Woche sollte „FC Roma“ nun erstmals in Prag gezeigt werden – im Ďolíček-Stadion der Bohemians Prag 1905. Einen Tag vorher wurde die Vorführung abgesagt. Die Fans hatten es so verlangt.

Die Bohemians haben eine Ausnahmestellung im tschechischen Fußball. Die Anhänger des Klubs gelten tendenziell als anti­faschistisch, manchmal ist gar die Rede vom „tschechischen St. Pauli“. Dieses Image machte das Stadion der Bohemians für die Filmemacher zur „natürlichen Wahl“, wie Regisseurin Kohoutová in einem Interview mit dem Online-Sender DVTV sagte. Die Fassungslosigkeit angesichts der kurzfristigen Absage ist ihr dabei ins Gesicht geschrieben.

Für manche „inakzeptabel“
Was war passiert? „Die Führung des Vereins hat sich nach einem Ersuchen der Fan-Genossenschaft dazu entschlossen, auf die Vermietung des Stadions für die Premiere des Films FC Roma zu verzichten“, so die nüchterne Erklärung des Pressesprechers der Bohemians Svatoslav Baťa auf Anfrage der „Prager Zeitung“. Die Genossenschaft besteht aus 2.200 Anhängern und ist Aktionär des Klubs. „Führende Mitglieder haben Informationen darüber erhalten, dass die Filmpremiere für einen Teil der Fans inakzeptabel ist und die Absicht besteht, diese zu verhindern“ erklärt Baťa.

Manchmal warten Trainer und Spieler vergeblich auf ihre Gegner.

Für die Vereinsleitung der Bohemians habe bei ihrer Entscheidung „der Frieden unter den Fans“ oberste Priorität gehabt. Nähere Informationen dazu, um was für Drohungen es sich konkret gehandelt habe, wurden den Veranstaltern indes nicht genannt, wie Kohoutová im Interview mit DVTV bestätigte. Auch die Organisation „Hate Free Culture“, die den Film als Distributionspartner unterstützt, weiß nichts Näheres. In einem Statement auf ihrer Facebook-­Seite äußerten Vertreter der Initiative Verständnis für die Entscheidung der Vereinsleitung. Die Sicherheit der Besucher stehe an erster Stelle. Man wolle sich aber nicht einschüchtern lassen von Leuten, die Meinungsunterschieden mit Drohungen und Einschüchterungen begegnen.

In den Kommentaren entspann sich daraufhin eine Diskussion, in der ein anderer Aspekt zum Tragen kam: Die Ablehnung der Fans richtete sich in Teilen weniger gegen den Film sondern vielmehr gegen die Initiative „Hate Free Culture“, die sich gegen Hass und für Toleranz gegenüber Minderheiten aller Art einsetzt, egal, ob es dabei sich um Roma, Muslime oder Flüchtlinge handelt. Warum könnten Fans der Bohemians damit ein Problem haben? Lukáš Houdek engagiert sich für die Initiative und hat auch keine richtige Erklärung. „Zuerst wurden die Roma als Problem genannt, später auch unsere Initiative. Wahrscheinlich ist es beides. Im Moment haben viele Leute Bedenken gegenüber Migranten und Muslimen und es gibt viele, die unser Projekt nicht mögen, weil wir versuchen, den Hass gegenüber diesen Menschen anzusprechen.“    

Wie steht es also um das antifaschistische Image des Vereins? War die Führung der Bohemians überrascht von der Reaktion ihrer Fans? „Der Durchschnitt der Fans neigt weder zur einen noch zur anderen Seite“, so Baťa. Es sei nicht überraschend, dass sich die Gesinnungen unterschieden – ebenso wie im Rest der Gesellschaft. „Unter den Fans gibt es allerdings derzeit eine Vereinbarung darüber, dass politische Gruppierungen ihre Weltsicht nicht während der Spiele der Bohemians propagieren, um keine Konflikte zu provozieren.“  

Sie hätte nicht erwartet, dass ihr Film in Prag einen Konflikt provoziere, kommentierte Kohoutová auf DVTV. Obwohl das Verhältnis zwischen Roma und der Mehrheitsgesellschaft im nordböhmischen Děčín sonst „schärfer“ sei als in der Hauptstadt, sei die Premiere im dortigen Stadion ohne Probleme verlaufen. Und auch in Prag konnte sie am vergangenen Freitag schließlich doch noch stattfinden – allerdings in wesentlich kleinerem Rahmen im Kulturzentrum „Contain­all“ auf der Kleinseite. Mit den Bohemians ging es dem FC Roma unerwarteterweise ähnlich, wie mit den anderen Amateurvereinen, die sich weigern, gegen sie zu spielen: Die Fans verweigerten eine Auseinandersetzung mit dem Thema Rassismus im Fußball. Fair Play sieht anders aus.