Energie von unten

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Erdwärme ist im Kommen. Die Slowakei lockt mit hohen Einspeisevergütungen

15. 5. 2013 - Text: Friedrich GoedekingText: Gerit Schulze; Foto: Wikimedia

Tschechien und die Slowakei zapfen zunehmend die Erde als Energieträger an. In beiden Ländern sind mehrere Projekte für Geothermiekraftwerke in Planung. Während Prag die Einspeisevergütung 2013 deutlich gesenkt hat, lockt Bratislava Investoren mit höheren Tarifen. Da es kaum einheimische Hersteller von entsprechender Technologie gibt, müssen die Ausrüstungen zum Bohren, Pumpen und Erzeugen von Energie meist importiert werden. Erneuerbare Energien haben in Tschechien seit dem Boom beim Ausbau der Photovoltaik keinen leichten Stand mehr. Die hohen Einspeisevergütungen sorgen dafür, dass die Strompreise deutlich gestiegen sind. Darunter leidet auch der öffentliche Rückhalt für die Geothermie. Die Tarife wurden für 2013 um ein Viertel gesenkt.

Betreiber von Geothermie-Kraftwerken, die 2013 ans Netz gehen, würden damit bei Einspeisung ins Stromnetz 3.290 Kronen (rund 128 Euro) je Megawattstunde bekommen. Bei Eigenverbrauch wird ein sogenannter Grüner Bonus von 2.290 Kronen je Megawattstunde (89 Euro) gezahlt. Die Einspeisevergütung soll für 20 Jahre garantiert sein.

Bislang wird durch Erdwärme zwar noch kein Strom in Tschechien erzeugt. Im jüngsten Aktionsplan für erneuerbare Energien ist jedoch schon für 2013 eine installierte Leistung von vier Megawatt (MW) und eine Produktion von acht Gigawattstunden (GWh) avisiert. Nächstes Jahr soll die Stromerzeugung durch Geothermie dann auf 20 GWh steigen. Die Kapazität der Kraftwerke soll aber bis 2020 bei vier Megawatt (MW) stabil bleiben. Damit würde das Potenzial bei Weitem nicht ausgeschöpft. Eine Untersuchung des einheimischen Energiekonzerns ČEZ hatte 2007 ergeben, dass die 60 erkundeten Erdwärme-Fundorte in Tschechien zur Stromerzeugung mit einer Leistung von 250 MW und zur Wärmeerzeugung mit einer Leistung von 2.000 MW genutzt werden könnten.

Ausrüstung aus dem Ausland
Vorreiter beim Bau von Erdwärmekraftwerken ist aktuell die Prager Entergeo. Das Unternehmen wurde 2012 gegründet und steht derzeit in Verhandlungen mit mehreren Städten über mögliche Standorte. Im nordböhmischen Tanvald sollen 2014 die Bauarbeiten für ein Erdwärmekraftwerk beginnen. Die Anlage soll, wie die meisten in Tschechien und der Slowakei geplanten, nach dem Hot-Dry-Rock-Verfahren funktionieren, bei dem keine heißen Tiefengewässer nötig sind. In Semily, ebenfalls Nordböhmen, hat die Stadtverwaltung bereits Erkundungen durchführen lassen, ein Grundstück bereitgestellt und einen Netzanschluss für 7 MW Leistung beim Stromversorger ČEZ reservieren lassen. Auch dort will Entergeo das Projekt umsetzen. Nach Angaben des Unternehmens kostet ein Geothermie-Kraftwerk in Tschechien zwischen einer und 1,6 Milliarden Kronen (rund 40 bis 60 Millionen Euro). Wie Entergeo-Geschäftsführer Zbynek Sonka mitteilte, rechnet er für die Erdwärmeprojekte in Tschechien mit einem Investitionsrückfluss in 12 bis 15 Jahren. Die Technologie für die Kraftwerke, vor allem Bohrausrüstung und Pumpen, müsse überwiegend importiert werden. Die Hersteller kämen traditionell aus den USA, Italien und Deutschland.

Noch bessere Voraussetzungen für die Nutzung von Geothermie bietet die Slowakei. Nach Angaben der Fachzeitschrift „Energo“ liegt das Potenzial zwischen Donau und Tatra bei etwa 6.200 MW. Landesweit gibt es etwa 25 Gebiete, in denen das Anzapfen der Erdwärme wirtschaftlich sinnvoll wäre, vor allem im Südosten und Südwesten des Landes. Doch obwohl bereits seit den 1970er Jahren intensive Bohrungen durchgeführt wurden, ist bislang kein Kraftwerk ans Netz gegangen. Lediglich einige Gebäude werden mit Erdwärme beheizt. Dabei fördert die Slowakei die Einspeisung von Strom aus Geothermiequellen aktuell mit gut 19 Eurocent je Kilowattstunde. Das ist deutlich mehr als bei Solarstrom (11,9 Cent), Windstrom (7,9 Cent) oder Biomasse (bis zu 15,4 Cent). Halbjährig überprüft die Regulierungsbehörde die Höhe der Tarife. Nach Einschätzung von Bernhard Hager, Rechtsanwalt in Bratislava, sollten die Einspeisetarife in den kommenden Jahren weitgehend stabil bleiben. Die Gefahr einer rückwirkenden Steuer auf Einkünfte aus erneuerbaren Energiequellen wie bei der Solarsteuer in Tschechien sieht Hager derzeit nicht.

Ein Boom hat Folgen
Die Regierung in Bratislava hat bereits grünes Licht für zwei Anlagen mit zusammen 9 MW Leistung gegeben. Dazu gehört ein Projekt, das der slowakische Gasversorger SPP seit mehreren Jahren in Durkov östlich von Košice plant. Dort sollen die Genehmigungsverfahren für ein Pilotprojekt kurz vor dem Abschluss stehen. Insgesamt hat die Erdwärme in der Region Olsovany-Durkov-Bidovce ein Potenzial von 100 MW. In 2.000 bis 3.000 Meter Tiefe wurden dort 125 Grad heiße Quellen gefunden. Anfang des Jahres wurde bereits mit dem Bau einer Rohrleitung begonnen, über die das Wasser zur Wärmeversorgung in die Plattenbausiedlungen nach Košice transportiert werden soll. Die 12 km entfernte Großstadt könnte laut Experten ihren Wärmebedarf zu 40 Prozent aus den Geothermie-Quellen rund um Durkov decken.

Die hohe Vergütung für aus Erdwärme erzeugten Strom in der Slowakei könnte allerdings auch negative Folgen haben, befürchten Experten. Sollte es zu einem Boom kommen, würden die Einspeisetarife schnell auf die Endverbraucherpreise für alle Stromkunden durchschlagen. Außerdem wird die Nutzung der heißen Gewässer zur Wärmeversorgung kritisch gesehen, weil die starke Mineralisierung eine Gefahr für die Leitungssysteme darstellen könnte.

Der Autor arbeitet für Germany Trade & Invest als Korrespondent für Tschechien und die Slowakei