Eldorado für Taschendiebe

Eldorado für Taschendiebe

Vorsicht auf Weihnachtsmärkten: Täter schlagen blitzschnell zu und verschwinden sofort in der Menschenmenge

11. 12. 2013 - Text: Klaus HanischText: Klaus Hanisch; Foto: Pudelek

Die glitzernde Welt der Weihnachtsmärkte lockt nicht nur viele Besucher an, sondern auch Taschendiebe. Immer öfter nutzen sie das Gedränge inmitten des Budenzaubers, um fette Beute zu machen. Geübte Langfinger erobern innerhalb von Sekunden Geldbeutel, Kreditkarten oder Autoschlüssel. Dann tauchen sie sofort wieder in der Menge unter.

Das passiert auf tschechischen Weihnachtsmärkten genauso wie auf deutschen. Im letzten Jahr wurden in Deutschland insgesamt 117.277 Taschendiebstähle angezeigt – zwar weniger als 2011, aber für die Behörden weiterhin eine beunruhigend hohe Zahl. Die Diebe verursachten damit einen Schaden von 32,3 Millionen Euro, fast zehn Prozent mehr als im Jahr 2011.

Wie die Polizei angibt, „arbeiten“ Taschendiebe sehr oft in Gruppen: Einer lenkt das Opfer ab, ein weiterer stiehlt die Beute und gibt sie an einen Dritten weiter, der dann damit in der Menge untertaucht. Besonders gut funktioniert dieser Trick wegen der vielen Menschen auf Weihnachtsmärkten. Taschendiebe sind dort bei genauerer Betrachtung mitunter an ihrem „typisch suchenden Blick“ zu erkennen, so die Polizei. Sie vermeiden direkten Blickkontakt und halten stattdessen Ausschau nach Beute.

Zunächst beobachten Diebe ihr Opfer lange und genau, dann rempeln sie den Betroffenen an und verwickeln ihn mit fadenscheinigen Fragen in ein Gespräch. Um mit ihm in Kontakt zu kommen, handeln sie auch in der Wirklichkeit so wie in Gaunerfilmen: Sie bieten oft überfreundlich ihre Hilfe an. Oder sie beschmutzen die Kleidung eines Opfers.

Die Diebe sind nach Erkenntnissen von Fachleuten meist professionelle Täter, die international agieren und in ganz Europa auf Beutefang gehen. Die meisten Diebstähle werden nicht aufgeklärt, weil die Opfer die Tat häufig zu spät bemerken. „Oft schafft der allzu sorglose Umgang mit Geldbörsen, Brief- und Handtaschen erst eine günstige Gelegenheit für die Täter“, so Gerhard Klotter, Vorsitzender der Polizeilichen Kriminalprävention.

Opfer von Taschendieben werden vor allem Frauen. Nicht selten verursachen die Täter ein Gedränge, um Erfolg zu haben. Und sie nutzen ein äußerst umfangreiches Repertoire an Tricks, von dem immer neue Finessen bekannt werden.

Eine Auswahl der Tricks, die auf Weihnachtsmärkten, aber auch im Alltag, angewandt werden:

Rempel-Trick: Dabei wird ein Opfer in einem Gedränge angerempelt. Oder es wird „in die Zange“ genommen. Dabei stolpert der Vordermann plötzlich, bückt sich oder bleibt unversehens stehen. Während das Opfer aufläuft und abgelenkt ist, greift ein Komplize in die Tasche.

Drängel-Trick: Ein Dieb rückt unangenehm dicht an ein Opfer heran, das ihm den Rücken zuwendet und so die Tasche „griffbereit“ anbietet.

Stadtplan-Trick: Ein Dieb fragt nach dem Weg oder hält einem Opfer einen Stadtplan vor. Während sich das Opfer orientiert und abgelenkt ist, plündern andere Täter die Hand- oder Umhängetasche.

Geldwechsel-Trick: Ein Fremder bittet das Opfer, ihm eine Münze zu wechseln. Wenn das Opfer die Geldbörse zieht und das Münzfach öffnet, wird es vom Täter abgelenkt. Während er seine Münze in die Börse wirft, nimmt er Banknoten heraus.

Beschmutzer-Trick: Opfer werden „versehentlich“ mit Ketchup, Eis oder einer Flüssigkeit bekleckert. Beim wortreichen Reinigungsversuch verschwindet mittels Fingerfertigkeit des Täters das Geld aus der Tasche des Opfers.

Hochhebe-Trick: Während einer Pause an einem Glühwein-Stand behauptet eine Zufallsbekanntschaft, das Gewicht des Opfers schätzen zu können. Beim Hochheben „zieht“ er (oder ein Komplize) dem Opfer den Geldbeutel aus der Tasche.

Bettel-Trick: Kinder halten dem Opfer ein Blatt Papier vor und bitten um eine Spende. Oder sie tollen um das Opfer herum und betteln es an. Dabei nutzt eines von ihnen die Ablenkung, um rasch nach der Geldbörse oder in die Handtasche zu greifen.

Blumen-Trick: Ein Fremder begrüßt das Opfer vermeintlich als Freund, umarmt es dabei oder steckt ihm eine Blume an. Während das Opfer verdutzt ist, verschwindet die Brieftasche.

Tipps gegen Diebe

Wer sich richtig verhält, hat mehr vom Weihnachtsmarkt – denn er braucht Diebe weniger zu fürchten. Folgendes sollte nach Meinung der Polizei beachtet werden:

–    bei einem Bummel nur so viel Bargeld mitnehmen,
wie tatsächlich benötigt wird

–    Geld, Zahlungskarten und auch Papiere immer in verschiedenen und verschlossenen Innentaschen der Kleidung und möglichst dicht am Körper tragen

–    Hand- oder Umhängetasche mit der Verschlussseite zum Körper tragen

–    mitgeführte Tasche stets geschlossen halten

–    Handtasche oder Jacke niemals unbeaufsichtigt lassen

–    gerade in einem Menschengedränge verstärkt auf Wertsachen achten