Ein Hausbesuch mit Masaryk und Němcová

Ein Hausbesuch mit Masaryk und Němcová

Die Nationalgalerie gibt einen Überblick über den tschechischen Nationalstil

22. 5. 2013 - Text: Peggy LohseText und Foto: Peggy Lohse

 

Nach Ende des Ersten Weltkriegs und mit der Gründung der Ersten Republik 1918 suchte der junge tschechoslowakische Staat nach einer eigenen Identität. Die Idee des hieraus entstandenen Nationalstil fußt auf der Determinierung der Kunst durch das örtliche, nationale Klima. Dementsprechend spiegeln sich im sogenannten Nationalstil ebenso Ornamente slawischer Volkskunst wider wie Merkmale des Praktizismus aus dem 20. Jahrhundert.

Die Ausstellung „Nationalstil – Kultur und Politik“ im Messepalast der Nationalgalerie Prag widmet sich diesem kunsthistorischen Phänomen. Sie besteht aus zwei deutlich voneinander abgetrennten Teilen. Im ersten, entlang eines Rundgangs, begegnet der Besucher Skulpturen von Otto Gutfreund, Karel Dvořák und Jan Štursa.
Das Errichten von Denkmälern war charakteristisch für die Anfangsjahre der jungen Republik und diente ebenfalls der Identitätsstiftung. In einer Reihe finden sich zwischen den für die tschechische Identität so bedeutenden Persönlichkeiten wie Bedřich Smetana und Tomáš Garrigue Masaryk auch ein Modell des „Großmutter“-Denkmals für Božena Němcová, das sich heute im ostböhmischen Ratibořice befindet. Außerdem werden in jener Zeit populäre Darstellungen tschechoslowakischer Legionäre und Handwerker präsentiert. Die Skulpturenschau umrahmen kurze Filmbeiträge, die für den Nationalstil typische Beispiele aus anderen Bereichen beinhalten, so zum Beispiel das Jan-Hus-Haus und die Legiobanka – die Bank der tschechoslowakischen Legionen – sowie Beispiele für Grabmäler und Inneneinrichtung.

Der eigenständige, zweite Ausstellungsteil besteht aus einem Häuschen. Das Heim, also das Zuhause, gilt seit jeher als Dreh- und Angelpunkt der tschechischen Kultur. Durch kleine Löcher in der „Hauswand“ darf der Besucher dann einen Blick werfen auf den häuslichen Nationalstil: Büchereinbände, Möbeldesign, Geschirr und Dekor. Die Außenwand erklärt den Zusammenhang zwischen dem kleinen Einzelnen und dem großen Ganzen. Dort heißt es: „Die Kunst ist in Tschechien eine öffentliche Angelegenheit, oft sogar eine nationale. Ihre Berufung wurzelt nicht allein in ihrer ästhetischen, sondern vorrangig in ihrer sozialen und zivilisatorischen Funktion.“

„Národní styl – kultura a politika“, Národní galerie – Veletržní palác (Dukelských hrdinů 47, Prag 7), geöffnet: täglich außer montags 10–18Uhr, Eintritt: 180 CZK (ermäßigt 90 CZK), bis 2. Juni

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