„Die Deutschen lieben Aschenbrödel mehr als wir“
Schauspieler Pavel Trávníček über die Rolle seines Lebens und die ungebrochene Popularität eines Films, der zur Weihnachtszeit einfach dazugehört
19. 12. 2013 - Text: Sabina Poláček
Der Märchenfilm-Klassiker „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ („Tři oříšky pro Popelku“) feiert in diesem Jahr sein 40. Jubiläum. Aus diesem Anlass werden derzeit an den beiden Drehorten Schloss Moritzburg und Burg Švihov sowie auf Schloss Ctěnice in Prag unterschiedliche Ausstellungen zum tschechisch-deutschen Kultfilm gezeigt. Schauspieler Pavel Trávníček, Aschenbrödels Prinz, erinnert sich in einem Exklusiv-Interview für die „Prager Zeitung“ an die Dreharbeiten und erzählt, was er heute macht.
Ganze zwölf Mal zeigt das deutsche Fernsehen zu Weihnachten „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Vor genau 40 Jahren wurde die deutsch-tschechoslowakische Co-Produktion zum ersten Mal gezeigt. Was empfinden Sie, Herr Trávníček, wenn Sie sich nach so langer Zeit in der Rolle des Prinzen sehen?
Pavel Trávníček: Wenn ich an Heiligabend die Suppe koche und im Hintergrund das Märchen im Fernsehen läuft, überkommen mich Glücksgefühle. In jedem Menschen steckt ein wenig Romantik. Ich habe überaus schöne Erinnerungen an die Dreharbeiten, auch wenn sie schwierig waren. Moderne Ausstattung und Komfort wie etwa Catering gab es damals nicht. Die großen, schweren Scheinwerfer mussten immer wieder in den Wald geschleppt werden. Außerdem versanken wir mit den Pferden im Schnee und froren alle in unseren dünnen Strumpfhosen bei minus 17 Grad.
Im Unterschied zu ihrer Filmpartnerin Libuše Šafránková konnten Sie damals angeblich nicht reiten und mussten erst einmal Reitstunden nehmen…
Trávníček: Nun ja, ich konnte ja schon etwas reiten. Aber um es noch besser zu beherrschen, habe ich vierzehn Tage lang intensiven Unterricht genommen. Es machte mir unheimlich viel Spaß. In den Ausstellungsräumen auf Schloss Moritzburg bin ich sogar auf einem Pferd in Lebensgröße nachgestellt.
Die Aschenbrödel-Ausstellung in Moritzburg läuft bereits seit drei Jahren. Waren Sie auch schon dort?
Trávníček: Ja, sogar schon mehrmals. Die Ausstellung finde ich sehr gelungen. Viele meiner tschechischen Landsleute sagen im Scherz, dass wir damit ein Mausoleum bekommen hätten, weil wir unsterblich seien.
„Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ wurde bis heute in mehr als fünfzig Ländern ausgestrahlt. Warum übt gerade dieser Film eine so große Faszination auf die Zuschauer aus?
Trávníček: In tschechischen Märchenfilmen steckt zunächst einmal viel Poesie. Und auch die Tatsache, dass es Anfang der siebziger Jahre, als der Film gedreht wurde, noch keine komplizierten Computeranimationen wie heute gab, verleiht dem „Aschenbrödel“ einen besonderen Charme. Die Geschichte ist ganz einfach erzählt und spricht alle Generationen an, sowohl Kinder als auch Erwachsene. Auch die Zusammenarbeit mit den Deutschen spielte eine wichtige Rolle. Erst dadurch wurde der Film in aller Welt bekannt. Allein hätte das den Tschechen damals nicht gelingen können. Ich denke, die Deutschen schätzen diesen Film noch mehr als die Tschechen.
Die DEFA hatte damals deutsche Schauspieler ausgewählt. Zum Beispiel Rolf Hoppe als König, Karin Lesch als Königin und Carola Braunbock als Stiefmutter. Wie haben Sie sich am Set verständigt?
Trávníček: Ich konnte ein wenig Deutsch, aber unsere Dialoge waren ohnehin immer zweisprachig. Sie wurden erst danach synchronisiert. Ich habe mir den Film später auch in verschiedenen Sprachen angeschaut, etwa auf Deutsch oder Russisch.
Die Dreharbeiten galten auch aufgrund der politischen Situation als problematisch. So musste unter anderem der Autor des Drehbuchs František Pavlíček wegen seines Engagements während des „Prager Frühlings“ verheimlicht werden. Wie haben Sie die Zeit als Schauspieler erlebt?
Trávníček: Die damalige Zeit war der heutigen eigentlich recht ähnlich: Auch heute fressen sich die Politiker gegenseitig auf.
Und wie sieht Ihre Arbeit heute aus? Neben ihrer Tätigkeit als Synchronsprecher arbeiten Sie auch als Regisseur und Schauspieler für das Prager Theater „Divadlo u Hasičů“.
Trávníček: Das stimmt, und zwar schon seit 1998. Als Schauspieler stehe ich dort derzeit im Stück „Sborovna“ (auf Deutsch „Lehrerzimmer“, Anm. d. Red.) auf der Bühne. Zudem habe ich vor kurzem die Dreharbeiten für den Film „Bardi“ von Ondra Slanina beendet. Künftig möchte ich mich noch intensiver dem Film widmen: Drehbücher verfilmen, was natürlich immer auch eine Frage der Finanzierung ist, oder wieder als Schauspieler vor der Kamera stehen. Übrigens habe ich auch zu deutschen Filmemachern gute Kontakte: Angedacht sind ein Krimi oder auch ein Märchen, in dem ich einen König spielen soll.
Wie verbringen Sie in diesem Jahr den Heiligen Abend?
Trávníček: Ganz wunderbar, wie immer. Die tschechische Weihnacht ist die beste. Ich werde wieder die Festtagssuppe zubereiten, weil sie kein anderer aus meiner Familie kochen will.
„Markus von Liberec“
Geheimes oder Geheimnistuerei?