Der ultrafeine Unterschied

Die Rufe nach Umweltzonen in tschechischen Städten werden immer lauter. Prag plant, Brünn zögert
26. 3. 2014 - Text: Martin NejezchlebaText: Martin Nejezchleba; Foto: SJů
Das jährliche Maximum für Feinstaubbelastung hatte Brünn schon vor dem Frühlingsanfang erreicht. Am 14. März verzeichnete die Messstation in der Svatopluk-Straße zum 35. Mal in diesem Jahr mehr Staubpartikel, als die EU erlaubt. Richtlinie 2008/50/EG rechnet mit maximal 35 Überschreitungen des Tagesmittelwerts von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft für Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von 10 Mikrometer (PM10). „Die Luft in viel befahrenen Straßen im Stadtzentrum ist katastrophal“, sagt Miroslav Ander, Vorsitzender der Grünen in Brünn. Die Partei fordert die Einführung einer Umweltzone für die Innenstadt der südmährischen Großstadt.
In Deutschland gibt es inzwischen mehr als 70 solcher Zonen. Nachdem das tschechische Parlament 2011 ein Veto des damaligen Präsidenten Václav Klaus überstimmt hatte, sind die Zonen zwar auch in Tschechien gesetzlich möglich und seit mehr als einem Jahr gibt es auch eine entsprechende Regierungsverordnung – eingerichtet wurde aber bislang keine einzige Umweltzone. Am nächsten an einer Umsetzung ist derzeit die Hauptstadt: In Prag entsteht derzeit eine Studie zur Einführung einer Niedrig-Emissionszone („Nízkoemisní zóna“).
Wasser auf die Mühlen der tschechischen Umweltaktivisten hat vor einigen Wochen Kåre Press-Kristensen geschüttet. Der dänische Umweltexperte hat sich mit einem blauen Messgerät an die Hauptverkehrsadern der zwei größten tschechischen Städte gestellt und musste feststellen: „In Brünn habe ich bisher die höchsten Werte in ganz Europa gemessen.“ Press-Kristensens blauer Kasten reagiert dabei auf derart feine Partikel, wie sie keine tschechische Messstation erfasst. Es handelt sich um Rußpartikel im Nano-Bereich. Gerade diese Ultrafeinstaub-Partikel sind besonders gefährlich für die menschliche Gesundheit und – darauf weist Press-Kristensen im Gespräch mit der „Prager Zeitung“ hin – im Gegensatz zu den Feinstaubpartikeln, deren Konzentration in der Atemluft durch die EU-Normen geregelt wird, entstehen sie tatsächlich bei der Verbrennung von Treibstoff. Vor allem in Dieselmotoren aber auch bei Benzinfahrzeugen mit Direkteinspritzung. „Umweltzonen sind ein einfaches Mittel mit großer Wirkung“, sagt Press-Kristensen und verweist auf seine Messergebnisse. Während er am Prager Busbahnhof Florenc 110.500 Ultrafeinstaub-Partikel pro Kubikmeter verzeichnete, konnte er am zentralen Busbahnhof von Kopenhagen nur 30.400 Nanoteilchen messen.
Geht es nach dem Prager Stadtrat für Verkehr Jiří Nouza (TOP 09), dann könne die Umweltzone an der Moldau bereits im Herbst beschlossene Sache sein. „Auf mehr als 80 Prozent des Stadtgebiets werden die Grenzwerte für Luftqualität langfristig überschritten“, heißt es in einem Dokument, das die Stadträte verabschiedet haben. Laut Nouza wäge man derzeit zwei Varianten ab. Wahrscheinlich sei eine Zone nach der Euro-IV-Norm. Demnach dürften nur noch Dieselfahrzeuge ab Baujahr 1998 und nach 2004 hergestellte Autos mit Ottomotor in die Zonen einfahren.
In Brünn ist man da noch etwas zaghafter. Laut dem Rathaussprecher arbeite man derzeit an Maßnahmen. So wolle man den Fuhrpark im öffentlichen Verkehr erneuern und den Stadtring fertigstellen. Auch über Umweltzonen denke man nach. Laut Grünen-Politiker Ander aber torpediere die Stadtregierung die Bemühungen um ein sauberes Brünn. So plane das Rathaus neue Tiefgaragen im Zentrum – das, so Ander, würde die Situation noch verschlechtern.
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