Christliche Mission als Bildungsoffensive

Christliche Mission als Bildungsoffensive

Tschechien feiert die Ankunft der Slawenapostel Kyrill und Method vor 1.150 Jahren in Mähren

3. 7. 2013 - Text: Friedrich GoedekingText: fg; Foto: APZ

Ausgerechnet den Tschechen, die als atheistischstes Volk in Europa gelten, bescheren zwei religiöse Feiertage ein verlängertes arbeitsfreies Wochenende. Am 5. Juli feiert das Land die Ankunft der Slawenapostel Kyrill und Method im Großmährischen Reich, der Verbrennung Jan Hus’ am 6. Juli 1415 in Konstanz wird am Tag darauf gedacht.

Obwohl erst nach der politischen Wende von 1990 staatlich anerkannt, gehört der Tag der Slawenapostel Kyrill und Method heute zu den höchsten Heiligenfeiertagen im Land. Die Ankunft der beiden Missionare im Großmährischen Reich jährt sich in diesem Jahr zum 1.150 Mal. An das runde Jubiläum erinnern zahlreiche Festlichkeiten, die im ostmährischen Velehrad ihren Mittelpunkt haben. Lange Zeit für das Zentrum des Großmährischen Reichs gehalten, soll die Mission Kyrills und Methods hier ihren Ausgang genommen haben. Heute ist der Ort zur bedeutenden Pilgerstätte geworden – jährlich werden Wallfahrten organisiert, an denen sich Zehntausende beteiligen. In diesem Jahr bildet die Stadt Angelpunkt für Exkursionen und Pilgerfahrten, wie etwa Wallfahrten von Kroměříž oder Uherské Hradiště nach Velehrad und organisierte Ausflüge nach Brünn, wo eine Ausstellung im Mährischen Landesmuseum bis Ende September Leben und Werk der Brüder aus Thessaloniki beleuchtet.

Das Erzdiözese-Museum Olomouc präsentiert mit „Zwischen Ost und West – die heiligen Kyrill und Method in der Kultur der Böhmischen Länder“ die kultur- und kunstgeschichtlichen Aspekte ihrer Mission.

Kyrill und die Schrift
Vielleicht können die Feierlichkeiten zur 1150. Wiederkehr des Missionsbeginns der Brüder Kyrill und Method den Tschechen die positive Einsicht vermitteln, dass das Christentum aufs Engste mit der Bildung verknüpft ist. Die Missionstätigkeit der beiden war keine mit Feuer und Schwert, sondern sie war untrennbar mit der Bildung des Volkes verbunden. Beide hatten eine hervorragende theologische Ausbildung in Konstantinopel genossen. Kyrill lehrte als anerkannter Professor an der dortigen Universität. Die Kaiser Michael III. und Konstantin sollen den Intellektuellen Kyrill mit folgenden Worten zur Missionierung der Slawen nach Mähren geschickt haben: „Hörst du, Philosoph, diese Worte? Es gibt keinen anderen außer dir, der dies erledigen kann, so, nimm viele Geschenke und deinen Bruder Method mit, und geh! Weil ihr Saloniker seid, und alle Saloniker sprechen reines Slawisch.“ Als erstes gründete Kyrill die sogenannte Großmährische Akademie, in der künftige slawische Priester und Beamte ausgebildet wurden, und die später zum Zentrum der slawischen Literatur und Bibelübersetzung wurde.

Um den Slawen den christlichen Glauben in ihrer Sprache zu vermitteln, schuf Kyrill das erste slawische Alphabet, die Glagolitische Schrift, aus der sich Ende des 9. Jahrhunderts die heute nach ihm benannte kyrillische Schrift entwickelte. Die slawische Sprache wurde in der damaligen Zeit neben der lateinischen und griechischen Sprache zur dritten Weltsprache. Beide Gelehrte haben für die Bildung Europas einen unschätzbaren Dienst geleistet. Sie waren Brückenbauer zwischen Menschen verschiedener Kulturen und Konfessionen zwischen Ost- und Westeuropa.

Jahrhunderte danach entwickelte sich aus Verehrung der beiden Heiligen auch der kirchliche Widerstand gegen die kommunistische Diktatur: Während Jan Hus vom kommunistischen Regime wegen seiner Kritik an der reichen Kirche als erster tschechischer Kommunist gefeiert wurde und der Parteichef Gottwald die verfallene Bethlehemskapelle in Prag, wo Hus fast täglich gepredigt hatte, wieder  aufbauen ließ, scheiterten die kommunistischen Machthaber mit ihrem Versuch, Kyrill und Method für ihre Parteiideologie zu instrumentalisieren. Als 1985 der Kultusminister anlässlich des 1000. Todestages des Method am Wallfahrtsort Velehrad von Kyrill und Method sprach, skandierte die Menge dazu das Wort „heilig“ und pfiff den Redner schließlich aus. Von da an wuchs der Widerstand der katholischen Gläubigen weiter an.