Blick in die Presse
Tschechische Pressekommentare zum Absturz des malaysischen Passagierflugzeugs, zum Tod der tschechischen Soldaten in Afghanistan und zum 60. Geburtstag von Angela Merkel
23. 7. 2014 - Text: Josef FüllenbachAuswahl und Übersetzung: Josef Füllenbach
Völlig klar | Die Prager „Hospodářské noviny“ sieht nach dem Abschuss des malaysischen Verkehrsflugzeugs die Zeit für entschiedenes Vorgehen gekommen: „In der Ukraine kann die Nato ihre Mittel nicht direkt einsetzen, doch auf wen nun mit allen anderen als militärischen Mitteln kompromissloser Druck ausgeübt werden muss, ist völlig klar. So wie Wladimir Putin die ukrainischen Separatisten und den ganzen dortigen Konflikt unterhält, logistisch und propagandistisch, so einfach und unverzüglich kann er die Aufständischen zur Waffenruhe und zu Friedensverhandlungen zwingen. Und sofern der Westen sein Gesicht nicht verlieren will, muss er Putin dazu nötigen.“
Jämmerlich wenig | Zum gleichen Thema sieht die Tageszeitung „Mladá fronta Dnes“ nun die EU am Zuge, „die sich dank Deutschland gegen eine Eskalation der Sanktionen weiter wehrt. Aber die Mehrheit der Opfer waren EU-Bürger. Eine sofortige Verschärfung der Sanktionen auf amerikanisches Niveau ist deshalb schlechterdings das Minimum dessen, was folgen sollte, sobald klar wird, dass Russland die Untersuchung der Katastrophe durch Obstruktion vereitelt. Aber auch das wäre angesichts eines solchen internationalen Verbrechens jämmerlich wenig.“
Ein hartes Spiel | Die Prager „Lidové noviny“ meint aus Anlass der fünf in Afghanistan gefallenen tschechischen Soldaten, dass diese „ihr Leben nicht bloß wegen der schönen Augen afghanischer Kinder opferten. Sie legten das Opfer auch auf den Altar unserer künftigen Unabhängigkeit und Freiheit. Jenseits aller Reden über gemeinsame Werte ist die internationale Politik ein hartes Spiel. Und nur wenn wir den Willen zeigen, unseren Verbündeten beizustehen (vor allem den Amerikanern), können wir hoffen, dass diese, wenn es darauf ankommt, auch uns helfen werden. (…) Für unsere künftige Freiheit brauchen wir Entschlossenheit, die Armee und Männer, wie jene fünf Soldaten, die ohne Zögern ihre Pflicht erfüllten und durch ihr Opfer uns daran erinnerten, dass Freiheit und Sicherheit nicht umsonst zu haben sind.“
Alles Gute! | Das Wochenblatt „Respekt“ glaubt, in Deutschland eine gewisse „Leichtigkeit und Selbstzufriedenheit“ feststellen zu können, und macht als die „markantesten Symbole dieser Verwandlung die deutschen Fußballer und Angela Merkel“ aus, die „alle vergangene Woche feierten: die Sportler den Titel, die Kanzlerin ihren runden Geburtstag. Heute beginnt schon offenbar zu werden, dass die Deutschen sich auch noch in hundert Jahren nostalgisch an die guten Jahre ihrer Regierung erinnern werden. (…) Es überwiegt jetzt das Gefühl, dass alle deutschen Schritte in die richtige Richtung gehen.“ Dabei sei sich Merkel auch der Risiken bewusst: „Die Exportabhängigkeit, die niedrige Geburtenrate und die Verantwortung für Europa können die goldenen Jahre wieder beenden und die Beliebtheit des Landes in der Welt schmälern. (…) Jetzt aber sollte man die Risiken eine Weile unbeachtet lassen, den Hut ziehen und nach Berlin Glückwünsche zum Sechzigsten schicken: Alles Gute.“
Neues Deutschland? | Auch das Wochenmagazin „Reflex“ streichelt die Seele der Deutschen: „Es gab Zeiten, als die Tschechen Deutsche und Russen am wenigsten ertrugen. (…) Deutschland ist heute ein Vorbild dank seiner gut geführten Wirtschaft, seiner Haltung zu den Menschenrechten, des Umweltschutzes. Es bemüht sich um Zusammenarbeit, nicht um Konfrontation (…). Darum, dass man sie wenigstens ein bisschen gern habe, kämpften und kämpfen die Deutschen, sie bemühen sich. Die Russen pfeifen darauf überheblich und sind sich darin den Amerikanern und Chinesen sehr ähnlich. (…) An Deutschland können wir heute einfach viele Dinge schätzen, an Russland suchen wir das immer noch vergeblich. Deswegen können wir den Deutschen endlich auch im Fußball zujubeln. Wenn sie nicht gerade gegen uns antreten, sondern gegen Argentinien …“
„Wie 1938“
„Unterdurchschnittlich regiert“