Blick in die Presse

Blick in die Presse

Tschechische Pressekommentare zur neuen griechischen Regierung und zur Übereinkunft von Minsk

18. 2. 2015 - Text: Josef FüllenbachTextauswahl und Übersetzung: Josef Füllenbach

Schrecken ohne Ende | Die Wochenzeitung „Echo“ gelangt nach einer Analyse des bisherigen Vorgehens der neuen griechischen Regierung zu folgendem Schluss: „Den Marxisten von Syriza mag Putin sympathisch sein. Sie können in der EU antirussische Sanktionen blockieren. Aber sie sind vor allem Populisten und wissen, was ihre Wähler wollen. Dem ökonomisch in die Ecke gedrängten Putin fehlt zudem gerade jetzt die wirtschaftliche Kraft, Griechenland langfristig über Wasser zu halten. Auch das wissen Tsipras und seine Berater mit Doktortitel in Ökonomie gut. Das Lavieren Griechenlands am Rande des Bankrotts und der Eurozone sieht eher nach einem Schrecken ohne Ende als nach einem raschen Ende mit Schrecken aus.“

Starke Kanzlerin | Die Prager „Hospodářské noviny“ bemerkt zu den Verhandlungen um die Ukraine: „Wer hat in den letzten Tagen im Zusammenhang mit dieser Krise etwas über [die EU-Außenbeauftragte] Federica Mogherini gehört? Die Verantwortung übernehmen immer noch einige wenige der stärksten Länder. Beziehungsweise – in Bezug auf Moskau – eines. Nämlich Deutschland und namentlich seine Kanzlerin Angela Merkel. (…) Gemäß ihren Kritikern verrät Merkel die Ukraine, wenn sie eine mögliche Waffenhilfe seitens des Westens ablehnt. Diese Ansicht rechnet aber schon im Voraus damit, dass Merkel gegenüber Moskau wirklich defätistisch nachgegeben hat. Beziehungsweise dass es bereits sinnlos ist, eine Vereinbarung mit Moskau zu versuchen. Aber zur Zeit wissen wir weder das eine noch das andere; Tatsache ist vielmehr, dass Merkel mit Putin weiterkam, als es irgendeinem anderen gelungen ist. Alles kann wieder in die Brüche gehen, so wie Minsk 1 eingestürzt ist. Aber derzeit hat kein anderer westlicher Staatsmann ein solches persönliches Interesse und daneben auch reale Stärke, mit Moskau über die Ukraine und über die künftigen Beziehungen der EU mit Russland zu verhandeln, wie (…) die deutsche Kanzlerin.“

Adieu Europa! | Das Wochenmagazin „Reflex“ schließt aus der Tatsache, dass keiner der vier Verhandlungsführer die Übereinkunft von Minsk unterzeichnet hat, das Schlimmste: „Das bedeutet nur eines – die westlichen Mächte glauben nicht daran, dass die Vereinbarungen auf Dauer eingehalten und erfüllt werden. Genosse Putin konnte zufrieden zu seiner Datscha abreisen. Die europäische Zivilisation hat somit heute nicht nur die unberechenbaren Russen im Nacken, sondern auch die Fanatiker des Islamischen Staates. Und zu Hause die multikulturell gezüchteten Dschihadisten (um Himmels Willen, seid zu ihnen nett, vielleicht werden sie uns dann erst übermorgen köpfen!) und Politiker, die den Worten von Lügnern glauben. Adieu Europa! Es war (einmal) schön mit dir…“

Knüppel zwischen die Beine | Zum gleichen Thema blickt die Wochenzeitung „Respekt“ kritisch auf die Regierungen in Ostmitteleuropa: Künftige Historiker würden sich wohl die Frage stellen müssen, „wie es möglich war, dass Länder, die Europa für die Verteidigung der Werte am meisten dankbar sein müssten, weil es auch (und vielleicht vor allem) um ihre Freiheit und Sicherheit ging, ihm die meisten Knüppel zwischen die Beine warfen. Diese Woche soll Putin feierlich in Budapest empfangen werden, und beinahe wäre er im Januar auch nach Prag gekommen. Wie ist es möglich, dass Länder wie Tschechien, die Slowakei oder Ungarn sich nicht an der Spitze derer finden, die eine einheitliche Position gegenüber Russland zu stärken helfen, sondern sie im Gegenteil schwächen und untergraben? Wie sieht es mit dem Geisteszustand der Gesellschaft in diesen Ländern aus? Nach einer Antwort auf diese Frage sollten wir intensiv schon früher suchen, noch bevor sie uns ohne Erbarmen von der Geschichte gestellt wird.“