Blick in die Presse

Blick in die Presse

Tschechische Pressekommentare zur Regierungsbildung, zum Parteitag der TOP 09 und zum Tod Nelson Mandelas

11. 12. 2013 - Text: PZText: PZ

Sternstunde erwartet | Die Tageszeitung „Lidové noviny“ dämpft die Erwartungen, dass die Regierungsbildung bald abgeschlossen ist. Denn zunächst „kommt noch eine weitere Sternstunde von Miloš Zeman, der sich einstweilen zurückgezogen hat. Sollte sich Bohuslav Sobotka ein Veto des Präsidenten gegen einige Minister nicht vorstellen können, so hat er ein verhältnismäßig schwaches Vorstellungsvermögen. (…) Im Augenblick eines formellen oder informellen Vetos des Präsidenten gegen einen der Ministerkandidaten geht es in eine weitere Runde des Wettstreits um die Form des politischen Regimes, in den Kampf um die Zukunft des Parlamentarismus. Dann kann die Sozialdemokratie die bitteren Früchte davon ernten, dass sie im Sommer der Missachtung der Verfassung durch den Präsidenten nur zugesehen hat.“

Nicht abstürzen! | Die Tageszeitung „Právo“ meint zum gleichen Thema: Falls sich die Abgeordneten „die Gelüste des Präsidenten, in die Kompetenzen der Regierung einzugreifen, gefallen lassen, sägen sie sich selbst den Ast ab, auf dem sie sitzen, und nicht Sobotka. Das Unverständnis der verfassungsmäßigen Rolle des Präsidenten, das einige Repräsentanten der Bewegung ANO vorführen, ist in dieser Hinsicht beunruhigend.“

Ist das alles? | Die Prager „Hospodářské noviny“ beleuchtet den Konvent der Partei TOP 09 vom Wochenende und findet, dass „eine Partei, welche die Wahlen verliert, der 280.000 Wähler und 15 Abgeordnete abhandenkommen und mit der sich im Parlament niemand abgeben will, sich die Frage stellen sollte, was sie schlecht macht und was sie ändern muss. TOP 09 zeigte auf ihrem Parteitag, dass sie nichts ändern will. (…) Stattdessen war Leitmotiv des Konvents die Suche nach dem Feind. Der wurde im Monarchen und Oligarchen gefunden, in Präsident Zeman und Andrej Babiš, und als Hauptziel wurde der entschlossene Kampf für die parlamentarische Demokratie und gegen die Beschränkung der Parlamentsrechte ausgerufen. Nicht dass mit der parlamentarischen Demokratie in Tschechien alles in Ordnung wäre, aber soll das alles sein? Jede Großmäuligkeit endet dumm, sagt Karel Schwarzenberg. Recht hat er.“

Immerwährende Inspiration | Das Wochenmagazin „Respekt“ würdigt Nelson Mandela: Die Südafrikanische Republik habe es „in erster Linie Mandela zu verdanken, dass sie das allgemein erwartete Blutvergießen vermieden hat. Zudem hat der Präsident der genetischen Ausstattung seines Landes eine Eigenschaft eingeschrieben, welche die meisten Länder Afrikas auch nach fünfzig Jahren Unabhängigkeit erst erlernen: Nach den ersten fünf Jahren seiner Präsidentschaft trat er freiwillig ab. Er lernte aus den Fehlern seiner Zeitgenossen aus den Befreiungsbewegungen, die in anderen afrikanischen Staaten weit früher an die Macht gelangten. (…) Die Politiker auf allen Kontinenten haben das Beispiel eines Führers, in dem sie für immer Inspiration finden können. Kurz gesagt, Nelson Mandela war ein Führer im besten Sinne dieses Wortes.

Vergleich mit Havel | Die „Lidové noviny“ erinnert – wie auch andere Medien – an bestimmte Gemeinsamkeiten von Nelson Mandela und Václav Havel: „So wie wir das Glück hatten, dass Václav Havel dem Sturz des Kommunismus in der Tschechoslowakei sein Gesicht und seinen Charakter gab, bei der Überwindung der Apartheid (…) in Südafrika spielte Nelson Mandela dieselbe Rolle. Kommunismus und Apartheid wären auch ohne das Zutun dieser beider Männer untergegangen, aber die Zeit und die Gesellschaft nach diesem Untergang sähen ohne sie anders aus. (…) Obwohl Mandela schon vor vielen Jahren als Spitzenpolitiker abgetreten war, gab seine Persönlichkeit dem, was in seinem Lande geschah, Legitimität. Auch dies kennen wir aus Havels Rolle.“

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