Aus Spaß wird Ernst

Aus Spaß wird Ernst

Von Hass, Habgier und Gewalt handelt das Shakespeare-Stück Richard III., das Thomas Ostermeier für die Schaubühne Berlin neu inszenierte und den krönenden Abschluss für das Prager Theaterfestival deutscher Sprache bilden soll. Ob es auch so kommt? Die Premiere im Jahr 2015 stieß zumindest auf ein geteiltes Echo. Nur in einem Punkt waren sich fast alle Kritiker einig: Lars Eidinger als Herzog von Gloucester und späteren König sollte man gesehen haben. Eva Biringer von der „ZEIT“ vermutet die „günstige Konstellation von Regisseur, Hauptdarsteller und Raumkonzept“ als einen Grund für Richards Erfolg an der Schaubühne.

Doch stellte sie in ihrer Kritik auch fest: „Dieser Richard bleibt eine Eidinger-One-Man-Show. Andere Schauspieler setzen kaum mehr als Akzente, etwa Robert Meyer als Flüche schleudernder Magret (…) oder Thomas Bading als beiläufig sterbender König. Selten leuchtet einmal das ganze Ensemble auf als Tischfeuerwerk ballernde, zum Koksen hinterm Wandteppich verschwindende Hofgesellschaft. Meist leuchtet nur Eidinger.“ Und das als hässlicher Krüppel, der jeden aus dem Weg räumt, bis er niemanden mehr über sich hat. Und dann? „Allein an der Spitze des Königreichs, sämtlicher Widersacher beraubt, richtet er sein Wüten nun gegen seinen eigentlichen Hauptfeind – sich selbst“, schildert die Schaubühne. Amoralisch, psychopathisch, manipulativ: Die umstrittene Inszenierung mit einer der übelsten Gestalten der Literaturgeschichte läuft am 30. November und 1. Dezember im Ständetheater.

Lars Eidinger als Richard III. | © Arno Declair

Neben klassischen Theaterproduktionen steht auch eine Lesung von Judith Hermann („Sommerhaus, später“, „Nichts als Gespenster“) auf dem Festivalprogramm. 2016 brachte die Berlinerin ihren Erzählband „Lettipark“ heraus, der nun auch auf Tschechisch erscheint. Felix Stephan schrieb damals für „DIE ZEIT“: „Die Erzählungen sind stets von dem Grundgefühl durchzogen, zu Gast im eigenen Leben zu sein und dem Lauf der Dinge letztlich machtlos gegenüberzustehen. Den Figuren kommt es immer eher darauf an, Verhältnisse zu haben, als sie zu verändern.“ Die großen Geschichten spielten sich stets woanders ab, während bei Judith Hermann junge Frauen fröstelnd auf Terrassen stünden und gerade schon wieder auf jemanden warteten.

Wie gewohnt findet sich auch 2018 eine tschechischsprachige Vorstellung (mit deutschen Übertiteln) im Festivalprogramm. Regisseur Jan Mikulášek bearbeitete den 1984 erschienen Roman „Holzfällen“ von Thomas Bernard – und erhielt dafür den diesjährigen Josef-Balvín-Preis für die beste tschechische Inszenierung einer deutschsprachigen Vorlage. Das Stück handelt von einer Abendgesellschaft, die sich hervorragend amüsiert. Der Protagonist jedoch hat für sie nur eines übrig: pure Abscheu. Seinem Werk hatte Bernard damals ein für den Inhalt aussagekräftiges Zitat von Voltaire vorangestellt: „Da ich nun einmal nicht imstande war, die Menschen vernünftiger zu machen, war ich lieber fern von ihnen glücklich.“

„Holzfällen“ in der Wiener Abendgesellschaft | © KIVA

Im sogenannten Off-Programm kann das Publikum im Planetarium neben dem Prager Messegelände das Hörspiel „Shakespeares Schädel“ hören, entstanden in Zusammenarbeit mit dem Tschechischen Rundfunk. Im Theater am Geländer präsentiert sich das „Deutsch-tschechische Konkurrenztheater“ mit „Sprachbeißereien und angenehm provokativer Kulturharmonie“. In der Villa Štvanice wiederum führt die Theatergruppe LETÍ szenische Skizzen von Texten des Deutsch-Koreaners Bonn Park und der österreicherischen Dramatikerin Miru Svolikova auf.

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Schluss mit lustig. Szene aus „Richard III.“ | © Arno Declair

Das Programm im Überblick


Die Zehn Gebote
Volkstheater (Wien)
So., 18. November, 20 Uhr
Divadlo na Vinohradech

Lettipark (Lesung)
Judith Hermann
Mi., 21. November, 17 Uhr
Český rozhlas – Studio 1

Die Odyssee. Eine Irrfahrt nach Homer
Thalia Theater Hamburg
Fr., 23. November, 20 Uhr
Sa., 24. November, 20 Uhr
DOX+

Unendlicher Spaß
Sophiensæle Berlin / Kampnagel
Sa., 24. November, 19 Uhr
So., 25. November, 15 Uhr
Nová scéna

Five Easy Pieces
CAMPO & IIPM Gent
Sa., 24. November, 18 Uhr
So., 25. November, 13 Uhr
Divadlo Archa

Holzfällen (Mýcení)
Mo., 26. November, 20 Uhr
Divadlo Na zábradlí

Blackout
ILL Luxemburg
Di., 27. November, 20 Uhr
Divadlo Komedie

Richard III.
Schaubühne Berlin
Fr., 30. November, 20 Uhr
Sa., 1. Dezember, 18 Uhr
Stavovské divadlo

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