An die Wand gefahren

An die Wand gefahren

Lítačka ist ein seltsames Wort. Es soll die Opencard ersetzen

3. 3. 2016 - Text: Corinna AntonText: Corinna Anton; Foto: MHMP

 Schlimmer geht nimmer – das dachte man schon oft in der Causa Opencard. Nutzer dieser Chipkarte der Prager Verkehrsbetriebe haben längst den Überblick verloren, wer nun mit wem streitet und um wie viele Millionen. Viele sind sich unsicher, ob sie ihre Karte umtauschen müssen, seit Oberbürger­meisterin Adriana Krnáčová kürzlich die Lítačka als Nachfolgerin der Opencard präsentierte. Und vor allem Ausländer fragen sich: Was heißt überhaupt „lítačka“? Selbst manche Prager runzeln ein wenig ratlos die Stirn.

Die zwei wichtigsten Fragen sind nun geklärt. Erstens: Besitzer einer Opencard können diese bis zum abgedruckten Gültigkeitsdatum nutzen. Im Anschluss bekommen sie eine Lítačka. Und zweitens: Die Bezeichnung ist „nicht ideal“. Das findet zumindest Markéta Pravdová, Sprachwissen­schaftlerin der tschechischen Akademie der Wissenschaften. Denn zum einen brauche ein solches Dokument überhaupt keinen Eigennamen, zum anderen sei „lítačka“ ein regionaler Ausdruck, den gebürtige Prager überhaupt nicht verwendeten. Er kommt wohl vom Verb „lítat“, was umgangssprachlich etwa eilen oder sausen bedeutet. Wörtlich fahren die Prager künftig also mit einer Sausekarte durch die Stadt. Der Sprachwissenschaftlerin hätte eine weniger poetische Variante besser gefallen. „Prager Karte“ zum Beispiel oder „Prager Verkehrskarte“, auf Tschechisch „pražská dopravní karta“ oder abgekürzt „pragokarta“, wie Pravdová vorschlägt. Wobei man nicht so genau weiß, wie sich die Silbe „go“ in die Abkürzung geschlichen hat. Aber die Tschechischexpertin wird schon wissen, wovon sie spricht. „Das englische Wort opencard durch das Wort lítačka zu ersetzen“, meint sie jedenfalls, sei eine 180-Grad-Wende „von einer Wand zur anderen“.

Die Prager sehen das offenbar gelassener. In einer Umfrage des Magistrats haben sich fast 53 Prozent für lítačka ausgesprochen. Das könnte aber auch an den Alternativen gelegen haben, die zur Wahl standen – unter anderem waren „bémovka“ nach dem Ex-Oberbürgermeister und „krndačka“ nach der derzeitigen Amtsinhaberin im Gespräch