„Aktiv die Wahrheit suchen“

„Aktiv die Wahrheit suchen“

Die Konrad-Adenauer-Stiftung in Prag will kritisches Denken fördern

29. 7. 2016 - Text: Milena Fritzsche, Foto: Katherine Young, CC BY-SA 3.0

Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Prag aufzuspüren, ist gar nicht so einfach. Ein bisschen versteckt befindet sich das Büro in einer Passage in Vinohrady. Wer den Weg gefunden hat, wird von den Mitarbeitern freundlich empfangen. Und findet sich sehr schnell in einer Diskussion über politische Bildung wieder, der Hauptaufgabe der Stiftung.

Dieser Begriff sei hierzulande eher verpönt, meint Projekt-Managerin Alena Resl. Denn oft würden ihn die Menschen mit staatlicher Indoktrination wie zur Zeit des Kommunismus verwechseln. Dabei sei genau das Gegenteil gemeint. „Mit unserer Arbeit wollen wir Angebote machen. Und wir freuen uns, wenn diese angenommen werden.“ Vor allem kritisches Denken will die KAS bei den Menschen fördern. Das sei in Tschechien leider noch nicht so weit verbreitet, so Resl. „Man soll nicht an eine Wahrheit glauben, sondern sie selbst aktiv suchen.“

Laut KAS-Leiter Werner Böhler ein mühsamer, aber interessanter Prozess. Seit dem Jahr 1991 unterhält die Konrad-Adenauer-Stiftung ein Auslandsbüro in Prag und ist hier als Nichtregierungsorganisation eingetragen. „Es geht nicht darum, zu sagen, wir wissen es besser. Wir wollen in Tschechien selbstverständlich nicht die Bürgerbildung übernehmen. Wir können etwas anstoßen, aber die Umsetzung liegt bei den tschechischen Akteuren aus der Zivilgesellschaft.“ Die Stiftung führt Konferenzen und Seminare zur demokratischen Bürgerbildung unter anderem auch mit Parlamentariern durch. „In Tschechien oder auch in der Slowakei konnte sich Bürgerbildung nicht etablieren, dafür wurden auch keine finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt“, sagt Böhler. In diesem Jahr habe der Tschechische Staat erstmals ein Budget bereitgestellt, aus dem die zivilgesellschaftlichen Organisationen schöpfen können. „Das ist erst der Anfang. Wenn man bedenkt, dass vor zweieinhalb Jahren gar kein Bewusstsein für die Notwendigkeit politischer Bildung existierte, dann hat sich das enorm entwickelt.“ Die Zielgruppe der KAS seien die tschechischen Bürger, auch wenn man sich bei Veranstaltungen über Besucher aus Deutschland freue.

Zu den Angeboten für bestimmte Zielgruppen gehören die Projekte mit Schulklassen, etwa zur Vergangenheitsbewältigung und zur Aufarbeitung totalitärer Regime. Die Stiftung organisiert beispielsweise Gespräche mit Zeitzeugen.

Im November dieses Jahres feiert das Büro sein 25-jähriges Bestehen. Zur Festveranstaltung sind auch der ehemalige Bundespräsidenten Christian Wulff und der Vorsitzende der tschechischen Christdemokraten Pavel Bělobrádek eingeladen.

Im Jahr 2012 hatte Ex-Präsident Václav Klaus öffentlich seine Unzufriedenheit über die Arbeit der Stiftung kundgetan, auch aus den Reihen der kommunistischen Partei kam Kritik. Im Büro der KAS sieht man das gelassen: Die Stiftung werde in Tschechien parteiübergreifend akzeptiert. Zumal die politischen Stiftungen ohnehin nicht von Parteien finanziert würden und im Regelfall nicht mit staatlichen Stellen zusammenarbeiteten, sondern mit NGOs. Dazu gehören für die KAS etwa das Forschungsinstitut AMO (Assoziation für internationale Fragen), die Europäische Plattform für Gedächtnis und Gewissen in Prag sowie verschiedene Universitäten.

„Natürlich sind wir eine deutsche Organisation, wir fühlen uns auch so und repräsentieren in der Gesamtheit der informellen Außenpolitik den deutschen Pluralismus“, so Böhler. Im deutsch-tschechischen Austausch wolle man „aufeinander Rücksicht nehmen und füreinander Verständnis entwickeln“. Gute Nachbarschaftspolitik sei daher wichtig, man werde sich nicht einmischen, aber einen Dialog führen, in dem man kritische Punkte ansprechen könne, wie etwa in den Länderberichten, die von den Mitarbeitern regelmäßig nach den Wahlen verfasst werden.

Die Stiftung, die in Deutschland der CDU nahesteht, arbeitet in Tschechien mit der christdemokratischen KDU-ČSL sowie TOP 09 zusammen. In der Europa-Politik ist es ihr wichtig, dass die Tschechische Republik eine gleichberechtigte Rolle einnimmt und nicht die Positionen der Bundesrepublik vertreten werden.

Wie agiert die christdemokratische Stiftung darüber hinaus in einem vor allem atheistisch geprägten Land? Allgemein gehe man zunächst davon aus, dass nicht der Staat, sondern das Individuum im Mittelpunkt steht. Das Selbstverständnis der KAS schließe zudem alle Religionen mit ein. „Wir wissen, dass grundsätzlich Religiosität in Tschechien vorhanden ist. Wir wissen aber auch, dass sie nicht im Vordergrund steht“, sagt Böhler. Insofern gebe es rege Kontakte mit den christlichen und auch der jüdischen Gemeinde. Der Dialog zwischen den Religionen gehöre aber nicht zu den Kernaufgaben der Stiftung. Trotzdem ist sich Böhler sicher: „Man kann das Land mit seiner Geschichte nicht verstehen, wenn man die Religion außen vorlässt.“