Der Gewinnminister

Der Gewinnminister

Der Konzern Agrofert von Andrej Babiš steigert sein Ergebnis um 40 Prozent

9. 6. 2016 - Text: Corinna AntonText: ca/čtk; Foto: Gerd Fahrenhorst/CC BY 4.0

Auf die Liste der Unwörter würde Andrej Babiš gewiss das Wort Interessenkonflikt schreiben. Immer wieder werfen Gegner dem Finanzminister, ANO-Vorsitzenden und Konzern­eigentümer vor, seine Politik diene vor allem seinen eigenen Unternehmen – und immer wieder streitet Babiš das ab.    

Ein großer Teil der Wähler stört sich offenbar nicht an der Frage, ob der Vizepremier zwischen dem Wohl der Allgemeinheit und dem seiner Firmen unterscheiden kann. Babiš führt die Liste der beliebtesten Politiker dauerhaft an. Laut dem Zentrum für Meinungsforschung CVVM sprachen ihm im März 47 Prozent ihr Vertrauen aus. Ebenso erfolgreich wie der Minister war im vergangenen Jahr dessen Konzern Agrofert, der seinen konsolidierten Gewinn 2015 um 40 Prozent auf 8,6 Milliarden Kronen (knapp 320 Millionen Euro) steigern konnte. Die konsolidierten Umsätze des Konzerns veränderten sich dagegen kaum und lagen bei gut 167 Milliarden Kronen (etwa sechs Milliarden Euro). Das gab Agrofert Ende Mai bekannt. Mit eingerechnet sind die Ergebnisse von 218 Firmen des Konzerns; 38 weitere Unternehmen wurden nicht einbezogen – weil sie nicht bedeutend genug sind.

Der Anstieg sei vor allem auf bessere Ergebnisse der Unternehmen in der Chemieindustrie zurückzuführen, sagte Agrofert-Sprecher Karel Hanzelka. Einen großen Anteil am Ergebnis haben zum Beispiel die deutsche Firma SKW Stickstoffwerke Piesteritz und das slowakische Unternehmen Duslo, die zusammen ein Ergebnis von 4,1 Milliarden Kronen vor Steuern erzielten. Das entspricht fast 38 Prozent des gesamten Konzern­ergebnisses. Einfluss auf den Gewinnzuwachs hatte auch die deutsche Bäckereigruppe Lieken AG, die 2014 erhebliche Rücklagen gebildet hatte.

Auf das Ergebnis von Agrofert könnten nicht nur die Angestellten des Konzerns stolz sein, „sondern auch alle Steuer­zahler, die dazu beigetragen haben“, kommentierte der Vorsitzende der Oppositionspartei TOP 09 Miroslav Kalousek die Meldung. Er sprach vom „größten Interessenkonflikt Europas“ und erinnerte daran, dass die Abgeordneten der ANO-Partei im vergangenen Jahr dafür gestimmt hatten, die Steuer­vergünstigungen für Biobrennstoff beizubehalten. Kalousek zufolge sollte die staatliche Förderung Agrofert als Hersteller etwa fünf Milliarden Kronen einbringen. Babiš streitet das jedoch ab. Oppositionspolitiker kritisierten im vergangenen Jahr außerdem, dass das zu Agrofert gehörende Unternehmen Preol Biodiesel an die Aktiengesellschaft Čepro liefert. Sie ist hierzulande der wichtigste Großhändler für Kraftstoff und Abnehmer für Biokraftstoffe; ihr einziger Aktionär ist das von Babiš gelenkte Finanzministerium.

Die Gruppe Agrofert, die allein Finanzminister Andrej Babiš gehört, ist der größte tschechische Hersteller im Bereich Landwirtschaft und Lebensmittel und die Nummer zwei in der Chemie­industrie. Große Bedeutung hat der Konzern hierzulande auch in der Forstwirtschaft und der Medienbranche. Derzeit beschäftigt Agrofert insgesamt mehr als 34.000 Angestellte.