Gesünder, aber dicker

Gesünder, aber dicker

Wie sich die Essgewohnheiten der Tschechen verändert haben

12. 11. 2014 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: Dezidor

 

Die politische Wende von 1989 brachte nicht nur tiefgreifende Veränderungen für Politik und Wirtschaft mit sich, auch auf dem Speiseplan der Tschechen hat sich einiges verändert. Wie sich die Essgewohnheiten in den vergangenen 25 Jahre entwickelt haben, zeigt eine Studie des tschechischen Statistikamts (ČSÚ). Tschechiens Bürger essen demnach heute weniger Fleisch, Brot und Kartoffeln, dafür verzehren sie mehr Gemüse, Reis und Süßigkeiten. Außerdem konsumieren sie mehr Erfrischungsgetränke und Alkohol. Insgesamt ernähren sich die Tschechen 25 Jahre nach der Samtenen Revolution zwar gesünder, die Fettleibigkeit unter Kindern nimmt jedoch zu.

Während 1989 der jährliche Fleischverbrauch mit 97 Kilogramm pro Kopf einen histor­ischen Rekordwert erreicht hatte, ging er danach kontinuierlich zurück und betrug im Jahr 2012 nur noch 77,4 Kilogramm pro Kopf. Vor allem Rindfleisch hat an Beliebtheit eingebüßt: Innerhalb von 25 Jahren sank der Konsum von 30 auf acht Kilogramm pro Kopf und Jahr. Geflügel kommt dagegen heute fast doppelt so viel auf den Tisch wie damals. Obwohl der Verzehr von Schweinefleisch in den vergangenen Jahren leicht zurückging, bleibt es mit 40 Kilogramm pro Person das am meisten verspeiste Fleisch. Für den Rückgang des Fleischkonsums machen die Analysten vor allem den Preisanstieg verantwortlich.

Deutlich gesunken ist der Bedarf an Trinkmilch, wohingegen heute mehr Käse, Joghurt und Milchprodukte verzehrt werden. Sichtlich zurückgegangen ist auch die Beliebtheit von Butter: Die Tschechen verbrauchen nur knapp die Hälfte dessen, was bei ihnen zu Zeiten des Sozialismus auf dem Küchentisch landete. Sie greifen inzwischen eher auf Fett pflanzlichen Ursprungs zurück, so die Studie. Laut Ernährungswissenschaftlern sank der Verbrauch von Fett vor allem während der ersten Hälfte der neunziger Jahre, was dazu führte, dass weniger Menschen an Herz- und Gefäßkrankheiten litten.

Obwohl sich die Tschechen heute vergleichsweise gesund ernähren, ist vor allem der Bewegungsmangel für eine steigende Tendenz zur Gewichtszunahme verantwortlich. Besonders problematisch ist der Studie zufolge die wachsende Anzahl übergewichtiger Kinder. Hatten im Jahr 1951 etwa 1,8 Prozent der Siebenjährigen Übergewicht, sind es gegenwärtig etwa sieben Prozent dieser Altersgruppe. Als Ursachen für die Fettleibigkeit führt Ernährungswissenschaftler Pavel Suchánek den erhöhten Konsum von Stärke an, der sich unter anderem aus den zunehmend beliebten Reis- und Nudelgerichten sowie Süßigkeiten speist.

Dank eines wesentlich größeren Angebots an Getränken, füllen heutzutage mehr alkoholfreie Getränke die Gläser der Tschechen. Doch auch der Alkoholkonsum stieg an. Spirituosen und Wein haben an Beliebtheit gewonnen. Obwohl der Bierverbrauch im Vergleich zu 1989 um 2,5 Liter pro Kopf zurückging, ist Tschechien mit fast 150 Litern pro Kopf und Jahr getrunkenem Gerstensaft noch immer weltweiter Spitzenreiter.