„Talente gibt es überall“

„Talente gibt es überall“

Von Ajax bis Žilina: Bei der Mini-EM der Deutsch-Tschechischen Fußballschule treffen namhafte Klubs aufeinander

13. 5. 2015 - Text: Klaus HanischInterview: Klaus Hanisch; Foto: DTFS

Am Wochenende findet in Františkovy Lázně (Franzensbad, 16. Mai) und Rehau (17. Mai) die zwölfte Mini-EM der Deutsch-Tschechischen Fußballschule für U11-Mannschaften statt. Das Teilnehmerfeld liest sich wie ein „Who is Who“ des internationalen Fußballs: Bayern München, Schalke 04, Manchester United, Tottenham Hotspur, FC Porto, Ajax Amsterdam, Sparta Prag, Young Boys Bern, Legia Warschau, AGF Aarhus, AIK Stockholm, HJK Helsinki, Karpaty Lemberg, NK Domžale oder MŠK Žilina. Erstmals ist Japan mit zwei Teams vertreten, Estrellas Fukushima und der Fußballakademie Funroots aus Tokio. Am Ball ist auch eine Elf des Gastgebers. Die jungen Kicker spielen jedoch nicht nur Fußball, sondern wollen gemeinsam auch ein Zeichen für die friedliche Völkerverständigung setzen. Dies betont Gerald Prell, Vorsitzender und einer der Gründer der Deutsch-Tschechischen Fußballschule im Jahr 2002, im Gespräch mit PZ-Autor Klaus Hanisch.

Wie gelingt es Jahr für Jahr, solch klangvollen Namen in die deutsch-tschechische Grenzprovinz zu bekommen?

Gerald Prell: Das Turnier ist über Jahre gewachsen, dadurch ist ein internationales Netzwerk entstanden. Zu vielen Vereinen, die mitspielen, besteht mittlerweile eine Freundschaft. Sie sind auch Partnervereine und kommen immer wieder. Und neue Vereine kommen dazu.

Auf dem Feld stehen die elfjährigen Nachwuchstalente dieser Vereine, insgesamt 300 Kinder aus 15 Nationen. Gegen diese Teams spielt die deutsch-tschechische Fußballschule quasi wie ein Verein. Hat sie eine Chance gegen solch große Namen?

Prell: Die Schule ist eine Auswahl von Spielern aus kleineren deutschen und tschechischen Vereinen, aber mittlerweile auch aus anderen Ländern. Deshalb nennt sich die Mannschaft nun „Team Europa“, weil auch Kinder aus dem Baltikum und der Slowakei dabei sind. Die Idee ist, dass Kinder über Fußball neue Kulturen kennenlernen und ihre persönliche Entwicklung stärken. Und dass eben Deutsche nicht gegen Tschechen spielen, sondern lernen, gemeinsam in einer Mannschaft zu stehen. Die Nachfrage nach dem Team ist gut, wir haben auch einige Spieler, die bei tschechischen Erstligavereinen spielen. Wir wollen gerade Kindern aus kleineren Gemeinden und den Grenzregionen die Möglichkeit geben, sich mit den Besten in ihrer Altersklasse zu messen.

Konnte die Schule ihr eigenes Turnier schon einmal gewinnen?

Prell: Sie hat in einigen Jahren in der Finalgruppe mitgespielt. 2007 war sie im Finale, hat dort gegen ZSKA Moskau im Elfmeterschießen unglücklich verloren. Und 2008 hat sie das Turnier im Finale gegen Roter Stern Belgrad gewonnen. Mal sehen, vielleicht klappt’s in diesem Jahr wieder.

Jeder Spieler der Schule gehört einem Heimatverein an. Hat die Schule dann überhaupt Sinn?

Prell: Uns geht es darum, den Kindern internationale Erfahrungen zu vermitteln. Viele kleine Vereine haben nicht die Möglichkeit, an internationalen Turnieren teilzunehmen. Und schon gar nicht, gegen so namhafte Mannschaften zu spielen. Wir bringen mit unserem Netzwerk große und kleine Vereine zusammen. Wobei kleine Vereine oft gute Fußballer haben. Talente gibt es in diesem Alter überall, nicht nur bei den Großen.

Wie funktioniert die Schule genau?

Prell: Wie das Turnier hat auch sie sich als Projekt weiterentwickelt. Wir hatten 2002 bei den Elfjährigen eine Mannschaft in Hof und eine in Franzensbad. Sie trainierten zweimal in der Woche gemeinsam und absolvierten einen Sprachkurs. Die Kinder hatten einen Spielerpass und spielten als Mannschaft in einer Liga. Das hat damals die Europäische Union unterstützt. Doch der Gedanke einer grenzüberschreitenden Mannschaft kam so gut an, dass neue Jahrgänge und Regionen dazu kamen, etwa aus Pilsen, Budweis, Königgrätz und der Slowakei. Deshalb mussten wir das Trainingsformat umstellen, bei diesen weiten Entfernungen konnten wir nicht mehr regelmäßig trainieren. Heute treffen sich die Kinder zu Turnieren und Trainingscamps. Wir haben zwischen 15 und 20 solcher Aktionen im Jahr. Deutsche und tschechische Trainer arbeiten dort mit den Jungs, aus diesen Aktionen werden die Kinder immer wieder nominiert. Sie spielen weiter in ihren Heimatvereinen und wir sind das internationale Extra. Das funktioniert etwa wie bei einer Regionalauswahl von Verbänden mit Spielern aus verschiedenen Vereinen. Wir bilden auch Mannschaften nach unterschiedlichem Niveau für Neun- bis Zwölfjährige. Zu jedem Turnier gibt es eine neue Aufstellung, damit möglichst viele Kinder internationale Erfahrungen sammeln. Es geht vor allem um diese Erfahrung und nicht darum, Turniere zu gewinnen.

Viele Sportvereine klagen darüber, dass die Zahl der Jugendlichen und der Jugendmannschaften immer geringer wird. Geht es Ihnen auch so?

Prell: Nein, bei uns ist die Nachfrage ungebremst. Wir könnten jedes Wochenende Aktionen anbieten. Das übersteigt jedoch unsere Kapazitäten. Internationale Erfahrungen und gerade das Messen mit großen Vereinen sind sehr erwünscht. Wir arbeiten daher nicht mehr nur mit gemischten Auswahlmannschaften und einzelnen Spielern, sondern wollen unseren Partnervereinen generell unsere deutsch-tschechischen Erfahrungen anbieten. So fahren beispielsweise unsere deutschen Partnervereine nach Tschechien und messen sich mit Vereinen dort oder umgekehrt – und wir organisieren für sie ein Wochenende. Wir haben mit dem bayerischen und dem tschechischen Fußballverband auch eine Trainerausbildung für Jugendtrainer im Breitensport durchgeführt, wo wir unser Know-how an Trainer in kleineren Vereinen weitergegeben haben. Wir arbeiten viel mit Multiplikatoren, weil wir gar nicht mehr in der Lage sind, so viele Mannschaften zu betreuen. Für uns ist es einfacher, deutsch-tschechische Events für kleine Vereine zu organisieren.

Haben es Spieler der Schule bis in den Profi-Fußball geschafft?

Prell: In all den Jahren waren mehrere Hundert Spieler bei uns. Vielleicht ein oder zwei Prozent schaffen den Sprung in den Profi-Fußball. Ein gutes Beispiel ist Laco Takács. Er ist Kapitän der tschechischen U21 und hat es als 18-Jähriger tatsächlich vom kleinen Verein in Franzensbad über unsere Fußballschule zum FK Teplice in die erste tschechische Liga geschafft. Er sagt noch heute, dass die Mini-EM für ihn eines der schönsten Erlebnisse im Fußball war. Es gibt noch mehr Fußballschüler, die heute in den Nachwuchsteams bei Nürnberg, 1860 München, Bayern München, Greuther Fürth, in Hoffenheim oder bei Viktoria Pilsen spielen. Aber das Wichtigste ist, dass jeder Fußballschüler wertvolle europäische Erfahrungen sammeln konnte. Das gab viel Selbstbewusstsein, erweiterte den Horizont und hat jedem weitergeholfen, ganz gleich wo er heute Fußball spielt.