Hoffen auf ein Wunder

Hoffen auf ein Wunder

Tschechien erlebt im Playoff-Hinspiel zur Handball-WM ein Debakel

11. 6. 2014 - Text: Marcus HundtText: Marcus Hundt; Foto: Steindy

Die tschechische Handball-Nationalmannschaft wird aller Voraussicht nach nicht an der Weltmeisterschaft 2015 in Katar teilnehmen. Am vergangenen Samstag unterlag das Team von Trainer Vladimír Haber der Auswahl Serbiens im Playoff-Hinspiel mit 15:23. Dabei zeigte Tschechien vor allem in der ersten Halbzeit eine desolate Vorstellung. In den ersten dreißig Minuten erzielten die Gäste nur sechs Tore – so wenige wie nie zuvor seit der Unabhängigkeit des Landes 1993. Über eine viertel Stunde lang, zwischen der 19. und 34. Spielminute, gelang der Mannschaft kein einziges Tor.

„Eine verdiente Niederlage. Wir liegen nun acht Tore im Rückstand und müssen jetzt versuchen, dass uns ein Wunder gelingt“, sagte Torhüter Martin Galia, der zehn Jahre in der deutschen Handball-Bundesliga spielte und seit der vergangenen Saison beim Schweizer Verein TSV St. Otmar St. Gallen unter Vertrag steht. Nationaltrainer Haber, der unabhängig vom Ausgang des Rückspiels am Samstag in Brünn von seinem Amt zurücktritt, konnte der Niederlage sogar etwas Positives abgewinnen. „Die Abwehr stand recht gut“, erkannte Haber. Doch gleichzeitig musste auch er zugeben, dass man mit 15 Treffern nur „schwer gewinnen“ kann. „Wir haben das Spiel im Angriff verloren.“

Verletzter Protagonist
Die schlechte Offensivleistung der Mannschaft hat viel mit der Form ihres Kapitäns zu tun. Seit Wochen laboriert Filip Jícha an einer Knöchelverletzung. Die wichtige Partie gegen Serbien, gegen das Tschechien bereits in der WM-Qualifikation 2008 und 2010 ausgeschieden war, konnte der Rückraumspieler des deutschen Meisters THW Kiel nur unter Schmerzen bestreiten. Zu allem Übel sah Jícha in der 51. Minute die rote Karte, nachdem er mit seinem Gegenspieler Bojan Beljanski aneinandergeraten war.

Gegen die kompakte Abwehr der Serben fand die tschechische Auswahl keine Mittel, vor dem gegnerischen Tor wirkte sie unsicher und ideenlos. Im Čair-Stadion von Niš fehlte ihr der Protagonist, ein Spieler, der andere führen und antreiben kann. Mit einem angeschlagenen Jícha, der zudem über weite Strecken des Spiels auf der Ersatzbank saß, hatte Tschechien nicht die geringste Chance gegen einen Gegner, der mit dem zweiten Platz bei der Europameisterschaft 2012 im eigenen Land seinen bisher größten Erfolg feierte. Anders ausgedrückt: Wäre der Welthandballer des Jahres 2010 in Form gewesen, würde derzeit wohl niemand über das „Wunder von Brünn“ sprechen.

Playoff-Hinspiel-Ergebnisse (7./8. Juni):

Serbien – Tschechien 23:15 (13:6) Ungarn – Slowenien 25:22 Rumänien – Schweden 24:25
Polen – Deutschland 25:24
Griechenland – Mazedonien 25:27
Russland – Litauen 30:22
Bosnien – Island 33:32
Österreich – Norwegen 28:26
Montenegro – Weißrussland 28:27

Die Rückspiele werden am Wochenende, 14./15. Juni ausgetragen. Spanien, Dänemark, Frankreich und Kroatien sind bereits für die WM qualifiziert.