Köstliches aus dem Kurort

Köstliches aus dem Kurort

David Böhm kocht spanisch in Mariánské Lázně – sein Bruder tschechisch in Arkansas

9. 12. 2015 - Text: Gunnar HabitzText: Gunnar Habiitz; Foto: pilaco/CC BY-NC-ND 2.0

Bis lange nach der Jahrtausendwende war das Angebot für Gourmets in Mariánské Lázně (Marienbad) überschaubar. Die meisten Restaurants bedienten die vorwiegend aus Deutschland und später aus Russland kommenden Gäste mit durchschnittlicher Kost. Erst langsam entdeckten die Hotelbetreiber die Idee von Wellness mit dem Gast im Zentrum als Alternative zu einst staatlich geführten Kurbetrieben. Als eine der besten kulinarischen Adressen gilt seit zehn Jahren die rustikale Küche der Pension Kladská, die zur gleichnamigen Ansiedlung etwa zehn Kilometer nördlich von Mariánské Lázně zählt. Eigentümer Vlastimil Reitmajer sammelte in Vancouver gastronomische Erfahrungen, die er seit seiner Rückkehr geschickt umsetzt.

Auch die Brüder David und Tomáš Böhm, die sich nun um den kulinarischen Ruf der Kurstadt verdient machen, haben von Köchen im Ausland gelernt. Die Söhne des ehemaligen Direktors des Monty Hotels absolvierten zunächst ein Studium an der Hotelschule. Während es David nach Salamanca in Spanien verschlug, heuerte Tomáš bei einem bayrischen Hotelbetrieb im malerischen Kurort Eureka Springs in Arkansas an. Der US-Staat ist hierzulande allenfalls durch dessen einstigen Gouverneur Bill Clinton bekannt. Dabei gibt es in Arkansas einige Paral­lelen zu Westböhmen: In den zwanziger Jahren galt die Stadt Hot Springs als einer der beliebtesten Kurorte in den USA und zog viele Glücksspieler und Gauner an. So schlürfte Al Capone seine Drinks im historischen Arlington Hotel. Erst später sollte Las Vegas den Kurort als Vergnügungsmetropole ablösen.

Zurück in Westböhmen eröffnete David Böhm 2008 mit dem „Medité“ ein Restaurant, dessen Konzept für Mariánské Lázně ungewöhnlich ist. Am südlichen Ende des Kurviertels liegt es an der Schnittstelle, an der auswärtige Gäste und Einheimische zusammentreffen. Mediterrane Gerichte und Tapas sowie spanische Weine bilden die Basis für das beliebte Eckrestaurant. Den vorderen Bereich mit einer Handvoll Tischen dominiert eine Bar. Weiter hinten lässt sich etwas ruhiger speisen, wobei auch dort spanische Rhythmen wie die der „Gypsy Kings“ erklingen. In Prag würde das Konzept auf Anhieb funktionieren, doch in Mariánské Lázně muss das Personal noch immer die Idee erklären, denn „die Marienbader sind eher sechs Knödel gewöhnt als drei Tapas“, beobachtete David Böhm.

Die Karte ist auf die Saison abgestimmt. Ein Menü beginnt mit kalten Tapas als Vorspeisen, etwa mit fein geschnittener Chorizo-Paprikawurst und verschiedenen Olivenpasten; zu empfehlen ist auch die Bärlauch-Suppe. Danach wählt man ein bis drei Tapas, die vegetarisch, mit Fleisch und mit Fisch angeboten werden. Gelungen sind zum Beispiel die geschmorten Wangen vom Jungschwein mit Gemüseragout oder Jakobsmuscheln und Tintenfisch galizischer Art. Alternativ zu den kleineren Tapas-Portionen überzeugen die Hauptgerichte, etwa die katalanischen Cannelloni mit geschmortem Entenragout und als Krönung gegrilltes Flank Steak mit gefüllten Champi­gnons und Trüffelsoße, serviert auf einer Schieferplatte. Angesichts der Qualität sind rund 120 Kronen für die Tapas und bis zu 400 Kronen für die Hauptspeisen ein sehr faires Angebot.

Bruder Tomáš hingegen blieb in den USA, wollte aber nicht auf böhmische Kost verzichten. Die Sehnsucht nach Genüssen aus seiner Heimat brachte ihn auf die Idee, in der Fremde ein Lokal mit tschechischen und zentraleuropäischen Speisen zu eröffnen. Im Westen von Little Rock, der etwa 200.000 Einwohner zählenden Hauptstadt von Arkansas, entstand „The Pantry“ (übersetzt etwa „Speisekammer“), ein im Landhausstil eingerichtetes Restaurant zwischen Einkaufszentren und Wohnvierteln.

Klassische Gerichte wie Schweinebraten mit Knödeln und Kraut waren für den Koch zwar kein Problem, in den USA wurden sie aber zu einer großen Herausforderung. Denn woher sollte er zum Beispiel Sauerkraut nehmen? Inzwischen stellt das Haus solche Zutaten selbst her. Der Lendenbraten (svíčková) braucht den Vergleich mit dem in der Heimat jedenfalls nicht scheuen: Er ist nur leicht an den amerikanischen Geschmack angepasst, zartes Rindfleisch liegt in einer mehr orangefarbenen als bräunlichen, sehr leckeren Soße neben luftigen Knödeln Karlsbader Art. Für die Obstknödel, die er zum Dessert serviert, musste Böhm zunächst einmal geeigneten Quark herstellen. Inzwischen entstand mit „The Pantry Crest“ ein weiteres Lokal mit leicht abgewandelten Gerichten. Ein ungarisches Paprikagericht mit Schweinefleisch und Sauerkraut schmeckt köstlich mitteleuropäisch – ein Genuss im Land von Burgern, Steaks & Co.

Medité. Hlavní 7, Mariánské Lázně, Tel. 354 422 018, geöffnet tägl. 11–23 Uhr, www.medite.cz