Bei Flaumeichen und Seeadlern

Bei Flaumeichen und Seeadlern

Das südmährische Landschaftsschutzgebiet Pálava ist Heimat einer bemerkenswerten Pflanzen- und Tierwelt

23. 7. 2014 - Text: Eva FamullaText: Eva Famulla; Foto: CzechTourism

 

Blau, ruhig und kristallklar liegt das Wasser zu beiden Seiten. An den bewaldeten Hügeln jenseits des Ufers blitzen nur gelegentlich weiße Felswände unter dem Grün hervor. Wenn der Besucher den Damm des Stausees von Novomlýnská überquert, begreift er langsam den Zauber der Landschaft, die sich vor ihm erstreckt. Knapp 50 Kilometer südlich von Brünn befindet sich das Landschaftsschutzgebiet Pálava. Nur drei Kilometer sind es von hier bis zur österreichischen Grenze. Die Pálava ist die wärmste und feuchteste Region Tschechiens – fast Mittelmeerklima wie einige meinen. Kein Wunder, dass auch die Weinsorte Pálava goldgelb und fruchtig ist, wie sonnengereifte Trauben eben sind.

Im Jahr 2003 wurde die Region Pálava Teil des UNESCO-geschützten Biosphärenreservats Dolní Morava. Felder, Weinberge und weiße Kalksteinfelsen prägen das Bild dieser einzigartigen Landschaft. Flora und Fauna sind ungewöhnlich reich. Hier findet man seltene, meist wärmeliebende Pflanzen wie die Flaumeiche, die mit ihrer ausladenden Krone zum Symbol des Schutzgebietes geworden ist. In der Tierwelt ist vor allem die Insekten- und Vogelvielfalt bemerkenswert: Hirschkäfer, Segelfalter, Wiedehopf und Mauerläufer sind hier zuhause; Seeadler ziehen über dem Stausee ihre Kreise.

Die Winzerstadt Mikulov (Nikolsburg) befindet sich südlich des Naturschutzgebietes. Die roten Dächer des Schlosses fallen schon von Weitem auf – in der Mitte thronend über dem Rest des kleinen Städtchens. Mikulov ist ein guter Ausgangspunkt für die Erkundung des Gebietes. Auf dem Hügel über der Stadt steht eine kleine Kapelle. Der Svatý kopeček (Heiliger Berg) ist ein Pilgerort, beliebt aber auch wegen seiner Aussicht. Der etwa 20-minütige steile Anstieg ist jeden Schritt wert und entlohnt bei gutem Wetter mit einer Sicht bis zum österreichischen Nachbarn. Am nördlichen Rand der Stadt befindet sich die Turold-Höhle (Jeskyně na Turoldu). Sie umfasst das größte Höhlensystem Tschechiens aus Jurakalkstein.

Versteinerte Frauen
Der schönste Teil der Pálava liegt hinter den Hügeln von Mikulov. Viele Lehrpfade, Wanderwege und Weinstraßen durchziehen die Region, sie können zu Fuß oder mit dem Fahrrad erkundet werden. Zugänglich sind diese am besten von den Ortschaften Pavlov, Dolní Věstonice oder Mikulov. Unabhängig vom Startpunkt bildet das Winzerdorf Klentnice meist das erste Anlaufziel. Das Café Fara in dem rund 540 Einwohner ist vor allem wegen seines üppigen Torten- und Kuchenangebotes überaus beliebt. Mittlerweile bietet der Inhaber sogar Unterkunft und herzhafte Küche an.

Unweit von Klentnice liegt die Ruine der mittelalterlichen Burg Širotčí hrádek (Waisenstein). Um sie spinnt sich die Sage des Ritters Čičos und seines Sohnes Orphanus: Čičos weigerte sich, für den Fürst in den Krieg zu ziehen, als sein Sohn geboren wird. Zur Taufe des Kindes ist der Kommandant geladen, der als Pate auserwählt wurde. Er gibt dem Kind den Namen Orphanus – das lateinische Wort für Waise – und lässt kurz nach der Taufe Čičos und seine Frau als Hochverräter hinrichten.

Der Děvín-Lehrpfad verbindet Klentnice mit dem Dorf Dolní Věstonice, dem Fundort der berühmten Venus-Figurine aus der jüngeren Altsteinzeit (vom 5. bis 28. August im Nationalmuseum in Prag zu sehen). Aufgrund der vielen Aussichtspunkte gehört dieser Teil des Naturschutzgebietes zu den meistbesuchten der Pálava. Der Weg führt an einer weiteren Burgruine vorbei: Dívčí hrady, die Maidenburg. Einer Sage zufolge erhielt sie ihren Namen von den drei Felssteinen, bei denen es sich um versteinerte Frauen handeln soll.

Die Pálava ist vor allem im Frühling und Sommer sehenswert. Wer seinen Ausflug auf Mitte September verlegt, kann sich beim Weinfest „Pálavské Vino­braní“ vom Wein der Region überzeugen. In diesem Jahr findet es vom 12. bis 14. September in Mikulov statt.

Tipps für Besucher

Anfahrt: von Prag mit dem Auto über die D1 nach Brünn und dann weiter über die E461 in Richtung Mikulov
Adressen

Jeskyně Na Turoldu, Naturreservat Turold, U Lomu 54, Mikulov, geöffnet: Juni bis August: täglich 9 bis 17 Uhr, September & Oktober: Dienstag bis Freitag 10 bis 16 Uhr, Samstag & Sonntag 9 bis 16.30 Uhr, Eintritt: 80 CZK (ermäßigt 60 CZK)

Café Fara v Klentnici, Klentnice 166, Klentnice, geöffnet täglich 10 bis 21 Uhr, www.ww.cafefara.cz
Pálavské Vinobraní, 12. bis 14. September 2014, www.palavske-vinobrani.cz