Überraschendes Bündnis

Überraschendes Bündnis

Robert Fico schmiedet gewagte Koalition und bleibt Ministerpräsident

23. 3. 2016 - Text: Marcus HundtText: Marcus Hundt; Foto: EU/CC BY-NC-ND 2.0

Eigentlich hatten sich die Sozial­demokraten (Smer-SD) von Robert Fico auf lange Koalitions­verhandlungen eingestellt. Doch nur zehn Tage nach der Parlamentswahl präsentierte der slowakische Ministerpräsident ein Bündnis, das die kommenden vier Jahre in Bratislava regieren soll. Staatspräsident Andrej Kiska will die neue Regierung bereits am Mittwoch ernennen.

Mehr noch als die schnelle Einigung überrascht die Zusammensetzung der neuen Regierung. Neben der Slowakischen Nationalpartei (SNS) gehören ihr auch die Partei der ungarischen Minderheit Most-Híd (Brücke) und die erst vor zwei Jahren gegründete Sieť (Netzwerk) an. Beide hatten eine Koalition mit den Sozialdemokraten zunächst abgelehnt. Ihre Kehrtwende begründeten sie damit, dass es nicht gelungen sei, ein Rechtsbündnis gegen Fico zu schmieden. Diese Variante hätte auch die SNS unterstützen müssen, die jedoch an der Seite der Sozialdemokraten steht. Immerhin saßen beide Parteien bereits von 2006 bis 2010 gemeinsam mit der „Bewegung für eine demokratische Slowakei“ (HZDS) in der Regierung.

Eine Mitte-rechts-Koalition gegen den Wahlsieger – und die rechtsextreme „Volkspartei“ (ĽSNS), mit der sich niemand verbünden will – hätte aus sechs Parteien bestanden und wäre kaum überlebens­fähig gewesen.

Doch wie stabil ist die Vier-Parteien-Koalition von Smer-SD, SNS, Most-Híd und Sieť? Obwohl sich die Slowakische Nationalpartei seit dem Rückzug ihres ehemaligen Vorsitzenden Ján Slota im Jahr 2012 vom radikalen Rand wegbewegt hat und sich unter Andrej Danko eher nationalkonservativ gibt, scheinen Probleme mit der Ungarn-Partei vorprogrammiert. Most-Híd vertritt die Interessen von rund einer halben Million Magyaren, die etwa zehn Prozent der slowakischen Gesamt­bevölkerung ausmachen. Die SNS steht der Minderheit traditionell feindlich gegenüber.

Das wissen auch die Politiker: Aufgrund der Koalitionsaussage gab der stellvertretende Vorsitzende von Most-Híd bereits seinen Parteiaustritt bekannt. Und auch bei der wirtschaftsliberalen Partei des früheren Präsidentschaftskandidaten Radoslav Procházka regt sich Widerstand gegen das überraschende Bündnis. Drei der zehn Sieť-Abgeordneten legten aus Protest Ende vergangener Woche ihr Mandat nieder. Nach den Austritten verfügt die von Fico angestrebte Koalition über eine Mehrheit von 81 der 150 Sitze im Nationalrat.

Oppositionsführer Richard Sulík (SaS) kündigte bei einer Demonstration am Wochenende an, er werde alles dafür tun, „dass diese Leute auf dem Müllhaufen der Geschichte landen.“