Blick in die Presse

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Pressekommentare zu den Präsidentschaftswahlen in Polen, dem Sudetendeutschen Tag und dem EU-Gipfel der Östlichen Partnerschaft in Riga

27. 5. 2015 - Text: Corinna AntonAuswahl und Übersetzung: Corinna Anton; Foto: APZ

Entgegenkommen in Riga | Die „Volkszeitung“ kommentiert das Gipfeltreffen der EU-Staaten mit ihren östlichen Partnerländern in Riga: „Die EU will aus der Ukraine keine zweite Türkei machen, die nach 50 Jahren der Annäherungen und abstrakten Versprechen die Hoffnung auf die Mitgliedschaft aufgegeben hat. Aber die Ukraine hat im Unterschied zur Türkei keine Alternative. Sie selbst kann keine regionale Macht werden. Der Westen hat die Lage kein bisschen unter Kontrolle. Er hat weder die Mittel noch den Willen oder das Mandat der Wähler, die Ukraine in Bezug auf ihre Wirtschaftsleistung und ihre Werte tatsächlich an die EU anzunähern (…) oder ihre mögliche Neuausrichtung in Richtung Osten zu verhindern. Eine solche Änderung hinge nämlich von mehreren Faktoren ab, die der Westen nicht beeinflussen kann. In Riga hat niemand gepredigt, dass der Westen Moskau beschwichtigen müsse. Aber dadurch, dass die Agenda für die Östliche Partnerschaft mit der Visafreiheit für die Ukraine und Georgien endet, hat sich das Interesse an der Besänftigung Moskaus indirekt gezeigt. Es gibt Politiker wie Bundeskanzlerin Merkel, die einen Kompromiss an eine wirksame Verhaltensänderung Moskaus knüpfen. Und es gibt Politiker wie Präsident Zeman, die einen Kompromiss an überhaupt keine Bedingungen knüpfen. Wir werden sehen, welche Variante die Oberhand gewinnen wird.“

Entschuldigung in Brünn | Zum Pfingsttreffen der Sudetendeutschen und der vorausgegangenen Entschuldigung der Stadt Brünn für die Vertreibung der Deutschen schreibt die „MF Dnes“: „Es gab Zeiten, in denen die Sudetendeutschen und ihr Gipfeltreffen in Tschechien Angst hervorgerufen haben. Angst vor einer möglichen Rückkehr zu den Vorkriegsverhältnissen. Angst, dass die Tschechen die Häuser, Felder und Gärten, die die Tschechen manchmal umsonst, gelegentlich für einen Apfel und ein Ei bekommen haben, am Ende doch zurückgeben müssen. Diese Angst ist verflogen (…). Die Sudetendeutschen haben das Recht hier zu leben. Aber nur wenige machten davon Gebrauch. So wenige, dass sie bis heute niemand gezählt hat. Frühere deutsche Städte wie Karlovy Vary oder Mariánské Lázně sind heute eher russisch als deutsch und es leben sogar mehr Vietnamesen in Tschechien als Deutsche. (…) Auf die Satzungsänderung, mit der die Landsmannschaft (…) die Rückgabe des Eigentums als Ziel aufgab, folgten in Prag ein paar halblaute positive Bemerkungen und betretenes Schweigen. Ein Schweigen, das erst vor wenigen Tagen die Stadt Brünn brach, als sie sich für den Todesmarsch im Jahr 1945 entschuldigte. (…) Es ist angebracht, zu fragen, ob wir Tschechen das, was Posselt und andere mit ihrer Geste der Versöhnung zum Ausdruck brachten, ausreichend gewürdigt haben.“

Kurswechsel in Polen | Zum Wahlsieg des Präsidentschaftskandidaten Andrzej Duda schreibt die „Wirtschaftszeitung“: „Sein Sieg wird vorerst keine Revolution auslösen. (…) Ein deutlich größeres Problem aber wäre ein Sieg der Partei PiS bei den Parlamentswahlen im Herbst. Duda hat uns mit seiner Wahlkampf-Rhetorik eine Kostprobe dessen gegeben, was Polen unter einer PiS-Regierung wahrscheinlich erwarten würde. In der Wirtschaftspolitik wäre das aller Voraussicht nach eine weit niedrigere Haushaltsdisziplin – die Pläne für mehr Steuererleichterungen, ein niedrigeres Renteneintrittsalter und höhere Unterstützungen für Familien mit Kindern würden die Staatsverschuldung groben Schätzungen zufolge um mehr als zehn Prozent des BIP wachsen lassen. In der Außen- und Europapolitik würde Polen wahrscheinlich auf den ungarischen Kurs einschwenken und an erster Stelle den Nationalstaat und die eigenen nationalen Interessen setzen. Duda spricht im Geist der offiziellen Linie der PiS von (…) einer stärkeren Abgrenzung gegenüber der EU und gegenüber Deutschland. Das ist ein scharfer Kontrast zur heutigen europafreundlichen Politik des Landes, in der die Polen die Rolle eines der wichtigsten Verbündeten Deutschlands spielen.“