Bundesregierung stimmt Polizeiabkommen zu

Bundesregierung stimmt Polizeiabkommen zu

Neuer deutsch-tschechischer Vertrag wird in Prag unterzeichnet

23. 4. 2015 - Text: Klaus Hanisch

Sächsische Polizisten, die in Nordböhmen einem Autodieb nachjagen und tschechische Beamte, die in der Oberpfalz einen Einbrecher verfolgen – all das ist ab kommendem Jahr möglich. Die deutsche Bundesregierung hat den Weg für ein neues Polizeiabkommen zwischen beiden Ländern geebnet. Es stellt die Kooperation zwischen Deutschland und Tschechien ab 2016 auf eine neue Grundlage.

Der Vertrag erweitert die Befugnisse von Polizisten und künftig auch von Zöllnern. Für Bundesinnenminister Thomas de Maizière stellt er eine deutliche Verbesserung der Rechtslage dar: „Uns war wichtig, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu stärken und auszuweiten.“ In zahlreichen Bereichen seien beide Vertragspartner sogar „über den bestehenden europäischen Rechtsrahmen hinausgegangen“, so de Maizière.

Der Innenminister wird das Dokument am 28. April mit seinem tschechischen Amtskollegen in Prag unterzeichnen. Darin ist verankert, dass Beamte beider Länder künftig auch im Hoheitsgebiet des anderen Staates handeln dürfen. So soll mehr Sicherheit für die Bürger auf beiden Seiten der Grenze erzielt werden. Zunächst in den Grenzregionen selbst, und später auch im Binnenland.

Schon bisher gab es gemeinsame Streifen von deutschen und tschechischen Polizisten. Nun können deutsche Polizisten auch Verdächtige in Tschechien festnehmen und durchsuchen. Und sie können Drogen und Waffen sicherstellen. Wird eine Polizeikontrolle durchbrochen, dürfen deutsche Polizisten die Flüchtenden auf tschechischer Seite festhalten und Diebesgut sicherstellen. Deutlichere Regelungen gelten zudem für Observationen jenseits der Grenzen.

Mehr Befugnisse
Einsätze zur Gefahrenabwehr können künftig ohne Zustimmung des Nachbarn erfolgen, wenn dies dringend notwendig ist. Erstmals wurden Polizei und Zoll gleichberechtigt in das neue Abkommen einbezogen. Damit wollen beide Länder vor allem die Drogen- und Schleuserkriminalität eindämmen. Außerdem hoffen die Politiker, auch die wachsende Zahl von Einbrüchen in Deutschland besser bekämpfen und aufklären zu können. Sie werden nach Polizeiangaben häufig von Banden aus Südosteuropa verübt.

Funktionierende Beispiele für grenzüberschreitende Zusammenarbeit sind die deutsch-tschechischen Polizeizentren in Schwandorf und Petrovice im Osterzgebirge. Dort koordinieren Polizisten und Zöllner beider Länder seit vielen Jahren gemeinsam die Bekämpfung von Kriminalität. Nun wird der Rechtsrahmen an deren Erfahrungen angepasst und im Vertrag festgeschrieben. Polizei-, Grenz- und Zollbehörden beider Länder sollen dadurch noch enger zusammenrücken.

Seit der Eiserne Vorhang gefallen ist, spielen Länderbarrieren für Verbrecher keine Rolle mehr. Daher fordern Politiker schon länger mehr Kompetenzen für Polizeibeamte über Grenzen hinweg. In die Gespräche wurden auf deutscher Seite auch Sachsen und Bayern eingebunden, da neben der Bundespolizei vor allem die Polizei- und Zollbehörden in diesen Bundesländern betroffen sind. Die Bestimmungen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gelten für ganz Bayern und Sachsen.

Das derzeit gültige Abkommen wurde am 2. Februar 2000 unterzeichnet, also noch vor dem Beitritt der Tschechischen Republik zur EU. Es gibt deutschen und tschechischen Beamten bisher nur geringe Möglichkeiten, jenseits der Grenze gegen Verdächtige vorzugehen. Manche Teile sind darin veraltet und hinken hinter europäischen Rechtsvorschriften sowie bilateralen Polizeiverträgen hinterher, die Deutschland mit Nachbarstaaten geschlossen hat. Manche Bestimmung über die Rechtshilfe in Strafsachen stammt sogar aus dem Jahr 1959.

Die Verhandlungen für den neuen Vertrag dauerten mehr als zwei Jahre. Nach der Unterzeichnung in Prag müssen noch der Bundestag und Bundesrat dem Abkommen zustimmen. Ein ähnliches Vertragswerk hatte Deutschland im Februar mit Polen vereinbart. Zu Jahresbeginn 2016 soll es auch mit Tschechien in Kraft treten.