Blick in die Presse

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Pressekommentare zu Zemans Moskau-Besuch, Tschechiens Haltung zu Russland und zur Griechenlandkrise

15. 4. 2015 - Text: Josef FüllenbachTextauswahl und Übersetzung: Josef Füllenbach

Fragwürdiges Abbild | Die Prager „Lidové noviny“ begrüßt den Verzicht des Präsidenten auf seine Teilnahme an der Militärparade in Moskau am 9. Mai, nachdem im In- und Ausland heftige Kritik geübt worden war: „Das ist eine gute Nachricht. Aber wiewohl sie zu der Genugtuung verführt, das Zeman verloren hat, sollte man auf Triumph verzichten. Die in die Welt gesandte Nachricht wirkt unglücklich, aber wir müssen sie uns bewusst machen. Tschechien ist das letzte europäische Land, welches hinsichtlich seiner offiziellen Reise nach Moskau und deren Ziele Klarheit schafft. (…) Der ,Standard‘ wies darauf hin, dass von den europäischen Führern nur der Tscheche Zeman, der Serbe Nikolić, der Grieche Tsipras und ein Vertreter Zyperns kommen wollen. Das ist das Abbild der tschechischen Position in Europa. (…) Die Frage an die Exekutive und generell die Elite des tschechischen Staates lautet: Was ist zu tun, dass sich das demnächst nicht wiederholt?“

Peinlicher Kuhhandel | Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ bemerkt zum gleichen Thema: „Was eine elegante Lösung für ein heikles politisch-moralisches Problem sein könnte, sieht nun aus wie ein peinlicher Kuhhandel, in dem eine Totenehrung als Währung verwendet wird: Der tschechische Präsident Miloš Zeman fährt zwar Anfang Mai zum Jahrestag des Kriegsendes nach Moskau, ist dort aber nicht – wie er es ursprünglich vorhatte – bei der Militärparade zugegen, sondern legt nur einen Kranz nieder. Nachdem Zeman über Wochen alle Kritiker an seinen Reiseplänen grob abgekanzelt hatte und es darüber zu einem von ihm vom Zaun gebrochenen Eklat mit dem amerikanischen Botschafter in Prag gekommen war, sieht es nun so aus, als sei er unter dem wachsenden Druck eingeknickt. Angesichts seiner vorherigen Halsstarrigkeit liegt die Mutmaßung nahe, dass es tatsächlich so ist. Damit hat Zeman der russischen Propaganda einen weiteren Dienst erwiesen: Sein Verhalten wirkt wie ein Beleg für Moskaus Behauptung, die Europäer – auch Bundeskanzlerin Merkel – kämen nur wegen amerikanischen Drucks nicht zur Parade nach Moskau.“

Deutsche Eliten | Die Wochenzeitschrift „Echo“ vergleicht die Einstellungen zu Russland in Tschechien und Deutschland: „Über die Tschechische Republik als ein für die Eroberung durch russische Propaganda anfälliges Land zu sprechen ist sehr irreführend, wenn wir die Stimmungen bei uns und in Deutschland vergleichen. Eine Welle prorussischer Sympathien kam dort Ende 2014 zu einem Höhepunkt, als sechzig prominente Persönlichkeiten (… Roman Herzog, Gerhard Schröder, führende Künstler, Juristen, Ökonomen) Regierung und Medien dazu aufriefen, sich um eine Versöhnung mit Russland zu bemühen. Kann man sich so etwas bei uns vorstellen? Das sind … wirkliche deutsche Eliten. (…) Gerade Deutschland ist zudem das Land, das für die Position der EU zu Russland eindeutig den Ton angibt.“

Schwäche und Unfähigkeit | Die Prager „Hospodářské noviny“ sieht sich von den „Verhandlungen zwischen Athen und den internationalen Gläubigern an einen Dialog von Gehörlosen erinnert“ und fragt sich, „warum denn Athen mit einer Übereinkunft zögert, wenn der Austritt aus der Eurozone klar unvorteilhaft ist? Ein Teil der Probleme liegt darin, dass gewöhnliche Griechen nach sechs Jahren Rezession und Reformdiktat nicht nur darauf schauen, was aus ökonomischer Sicht für sie besser ist. Die von außen diktierten Reformen werden als etwas empfunden, was Griechenland erniedrigt. Deshalb stößt der griechische Premier in seiner eigenen Partei auf Widerstand und ist nicht in der Lage, irgendetwas Konkretes nach Brüssel zu schicken. Seine Positionen sind kein Zeichen von Verhandlungsstärke, sondern eher Abbild von Schwäche und der Unfähigkeit den eigenen Leuten zu erklären, dass sie an der Hilfe von außen nicht vorbeikommen.“