Posthume Würdigung

Posthume Würdigung

Primas von Böhmen gedenkt in Číhošť dem vor 65 Jahren ermordeten katholischen Pfarrer Josef Toufar

26. 2. 2015 - Text: Franziska NeudertText: fn/čtk; Foto: ČTK/Jaroslav Loskot

„Wie wir Jan Palach für die Besatzung 1968 und die nachfolgenden Jahre haben, so haben wir auch Pater Josef Toufar.“ Mit diesen Worten erinnerte Dominik Kardinal Duka am Wochenende an den katholischen Geistlichen Josef Toufar. Der Pfarrer war vor 65 Jahren vom kommunistischen Geheimdienst StB zu Tode gefoltert worden, da er in seiner Kirche angeblich das sogenannte „Wunder von Číhošť“ inszeniert haben soll. Am vergangenen Sonntag kamen etwa 500 Menschen nach Číhošť, um am von Duka zelebrierten Gedenkgottesdienst teilzunehmen.

Der Prager Erzbischof würdigte Toufar als Märtyrer-Ikone aus der Zeit der gewaltsamen Kollektivierung der Landwirtschaft in den fünfziger Jahren. Er denke, dass Toufar schon bald selig gesprochen werde, so Duka. Derzeit bereite die Kirche die Seligsprechung vor, sagte er in der knapp 100 Kilometer südöstlich von Prag gelegenen Gemeinde.

Traurige Berühmtheit erlangte der Ort in der Adventszeit des Jahres 1949, als sich während der Messe das Kreuz auf dem Hauptaltar der Maria-Himmelfahrt-Kirche auf wundersame Weise bewegt haben soll. Die Führung der Staatssicherheit nutzte den mysteriösen Fall, um mit der Kirche abzurechnen. So verwies der StB den diplomatischen Vertreter des Vatikans Ottavio De Liva des Landes. Nach Číhošť entsandte er Ermittler. Der Dorfpfarrer Toufar, der das Kreuz manipuliert haben soll, wurde der staatsfeindlichen Provokation bezichtigt und im Januar 1950 verhaftet.

Erzwungenes Geständnis
Toufar selbst beteuerte, nichts von der Bewegung des Kreuzes bemerkt zu haben – immerhin stand er mit dem Rücken zum Altar, da er von der Kanzel aus predigte. Was er als ein Wunderwerk Gottes sah, deutete die Kommunistische Partei als Hetze und veranlasste den ersten öffentlichen Schauprozess gegen einen kirchlichen Würdenträger. Sie ließ Toufar wochenlang foltern und zwang ihn schließlich zu einem Geständnis. Darin sagte er aus, nicht nur das Kreuz bewegt zu haben, um die Gläubigen gegen die Regierung aufzubringen, sondern auch Kinder sexuell missbraucht zu haben.

Teil des Prozesses gegen den Pfarrer sollte ein Dokumentarfilm werden, mit dem das kommunistische Regime der Öffentlichkeit das „Wunder von Číhošť“ erklären wollte. Um das Publikum zu überzeugen, sollte Toufar selbst darin auftreten. Misshandelt und schwer krank wurde er zum Filmdreh nach Číhošť gebracht. Während der Dreharbeiten brach er zusammen. Wenige Tage später, am 25. Februar 1950, starb er im Alter von 47 Jahren in einem Prager Krankenhaus an den Folgen der Misshandlungen. Toufars Körper wurde in ein Massengrab auf dem Friedhof in Prag-Ďáblice geworfen, seine Familie erst vier Jahre später benachrichtigt. Auf dem Totenschein Toufars vermerkte der damals zuständige Arzt als Todesursache ein geplatztes Magengeschwür. Jahre später, während des Prager Frühlings 1968, gestand sein Assistent, dass Toufar auf ungewöhnlich brutale Weise zu Tode geprügelt worden war.

Im November vorigen Jahres wurden vermutlich zu Toufar gehörende Gebeine exhumiert. Anthropologen sollen nun untersuchen, ob deren DNS mit jener von Toufars Nachkommen übereinstimmt. Sollte der Befund positiv ausfallen, werden die sterblichen Überreste nach Číhošť überführt und dort beigesetzt. Wie der Historiker und Theologe Tomáš Petráček am Wochenende sagte, könne das Begräbnis am 12. Juli zur Wallfahrtsmesse stattfinden, die zwei Tage vor dem Geburtstag Toufars abgehalten wird. „Wir hoffen, dass wir alles schaffen. Im Rahmen der Feierlichkeiten möchten wir seine Gebeine im Inneren der Kirche aufbewahren“, so Petráček, der mit dem Prozess der Seligsprechung Toufars beauftragt wurde. „Wir befinden uns jetzt am Anfang der Seligsprechung, in der sogenannten Vorbereitungsphase“, erklärte Petráček.

Über eine Ehrung Toufars, der am 28. Oktober vergangenen Jahres von Präsident Miloš Zeman posthum die Verdienstmedaille erster Stufe erhielt, würden sich vor allem die Verwandten des Pfarrers freuen. „Mein Vater wollte Pater Toufar schon 1968 rehabilitieren und hat dafür bezahlt. Er war Direktor einer Schule, also hat man ihn sofort abgesetzt“, erinnerte sich Luděk Toufar bei dem Gedenkgottesdienst in Číhošť. Sein Großvater war der Bruder Josef Toufars.