„Die Zukunft der Ukraine liegt in Europa“

„Die Zukunft der Ukraine liegt in Europa“

Andriy Dovganyuk über das Studium an der Ukrainischen Freien Universität in München

22. 1. 2015 - Text: Katharina Wiegmann

Seit 2008 hat die UFU ihren Sitz im Münchner Stadtteil Nymphenburg. Andriy Dovganyuk ist Absolvent der Universität – und seit 2012 ihr Kanzler. Mit PZ-Mitarbeiterin Katharina Wiegmann sprach der 38-Jährige über seine persönlichen Erfahrungen, interkulturelle Kompetenzförderung und die aktuelle Stimmung unter seinen Studenten.

Herr Dovganyuk, was hat Sie damals  zu einem Studium an der UFU motiviert?

Andriy Dovganyuk: „Nach dem Jurastudium und zwei Jahren praktischer Erfahrung in der Ukraine musste ich feststellen, dass das ukrainische Recht noch viele Defizite aufweist und von der sowjetischen Vergangenheit geprägt ist. Ich wollte unbedingt deutsches und europäisches Recht lernen, um zu verstehen, wie ein demokratischer Rechtsstaat funktioniert. Natürlich wollte ich auch die Welt sehen. Die Ukrainische Freie Universität hat mir geholfen, die ersten Schritte auf diesem Wege zu machen. Das Studium in Deutschland war für mich nicht nur in fachlicher, sondern auch in persönlicher Hinsicht ein großer Schritt nach vorne. Hier lehren Professoren aus der Ukraine, Deutschland, den USA, Österreich, Kanada und anderen Ländern. Es ist ein Treffpunkt und eine Plattform für den intellektuellen Austausch von Wissenschaftlern und Studenten aus aller Welt. Die Universität bietet die Möglichkeit, interkulturelle Kompetenzen zu erwerben, neue Kontakte zu knüpfen und die Sicht auf die Welt zu erweitern.

In den Statuten der Universität stand ursprünglich, dass die UFU in ihr Heimatland zurückkehren muss, sobald die Ukraine befreit ist. Bleibt dieses Ziel langfristig bestehen oder wurde München nach Wien und Prag zur dauerhaften Heimat?

Dovganyuk: Der Passus über eine Rückkehr der Universität in eine freie Ukraine ist in der Grundordnung der Universität nicht mehr enthalten. Die UFU mit ihren Experten ist gerade in diesen konfliktreichen Zeiten sehr wichtig als Institution und Ansprechpartner im und für den Westen. Wir bilden eine Brücke zwischen Institutionen in der Ukraine und München. Im Moment ist eine Rückkehr kein Thema, unser großes Ziel ist die Annäherung der Ukraine an die EU, wo sie meiner Meinung nach hingehört.

Wie wirkt sich die aktuelle Krise in der Ukraine auf die Studierenden und Lehrenden in München aus?

Dovganyuk: Es wird auf jeden Fall viel diskutiert. Unsere Studenten kommen aus den verschiedensten Regionen, der Krim, aus Donezk und Odessa. Genauso verschieden sind oft ihre Meinungen. In einem sind sich die Studierenden aber weitgehend einig: Die Zukunft der Ukraine liegt in Europa. In den letzten Jahren kommen wieder mehr Studenten als früher, besonders aus den umkämpften Regionen.